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Warum Neurodermitis weitaus mehr als trockene Haut bedeutet

Trockene Haut? Neurodermitis? Das ist der Unterschied!

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Lisa Henkel 10.10.2022

Trockene Haut ist nur eine von vielen möglichen Hauterscheinungen bei der weitverbreiteten Hauterkrankung Neurodermitis. So gehen Neurodermitis und trockene Haut (fast) immer miteinander einher. Andersherum bedeutet dies jedoch keinesfalls, dass es sich bei trockener Haut gleich um Neurodermitis handelt. Es gibt bedeutende Unterschiede!

Im Fokus: Neurodermitis (atopische Dermatitis)

Neurodermitis, auch als atopische Dermatitis bezeichnet, ist eine der weitverbreitetsten Hauterkrankungen. Sie kann in jedem Alter auftreten, vor allem jedoch bei Säuglingen und Kindern. In Abhängigkeit von Alter, Ausprägung, Verlauf und Schwere der Erkrankung werden verschiedene Formen der Erkrankung unterschiedene. Typische gemeinsame Beschwerden sind jedoch starker Juckreiz, trockene Haut und schuppige Ekzeme. Als chronische Erkrankung verläuft die Neurodermitis meist in lebenslangen (Krankheits-)Phasen und tritt in regelmäßigen Schüben auf. Die Neurodermitis gehört zur Gruppe der atopischen Erkrankungen, die häufig gemeinsam vorkommen. Viele Betroffene von Neurodermitis leiden daher an weiteren Erkrankungen wie Allergien oder Asthma.

So unterscheidet sich die Haut bei Neurodermitis von gesunder Haut

Neurodermitis gehört zu den chronisch-entzündlichen Hautkrankheiten. Hautkrankheit: Das ist das entscheidende Stichwort, welches darauf hinweist, dass bei Neurodermitis fehlregulierte Prozesse der Haut für die Hautveränderungen verantwortlich sind. Die Haut bei Neurodermitis verhält sich daher anders als gesunde Haut. Die Ursachen der atopischen Dermatitis sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig geklärt. Es wird ein Zusammenspiel verschiedener Risikofaktoren und Ursachen vermutet, darunter: genetische Veranlagung, Neigung zu Allergien, Asthma, Stress, gestörte Hautbarriere, trockene Haut und eine Immunschwäche bzw. ein fehlreguliertes Immunsystem.

Neurodermitis vs. Trockene Haut: Was sind die Ursachen?

Was sind die Ursachen für Neurodermitis?

1)   Immunsystem: Gestörte Immunantwort bei Neurodermitis

Merkmal der Neurodermitis ist u. a. eine besonders trockene und empfindliche Haut. Dahinter steckt eine gestörte Hautbarriere, die normalerweise einen wichtigen Schutz gegenüber Schadstoffen, Bakterien und Allergenen (z.B. Pollen, Tierhaare) bietet. Gelangen diese in die Haut, wird eine Immunantwort hervorgerufen, die eine Entzündungsreaktion auslöst – und das ist auch gut so! Diese Entzündungsreaktion dient nämlich dazu, die eingedrungenen Schadstoffe oder Erreger zu bekämpfen und möglichst schnell wieder loszuwerden. Für gesunde Haut also gar kein Problem!

So weit, so gut. Doch was ist bei Neurodermitis nun anders?

An jeder Entzündungsreaktion sind zahlreiche Signal- und Botenstoffe beteiligt. Bei Betroffenen von Neurodermitis konnten Defekte in einigen dieser Signal- und Botenstoffe festgestellt werden. Diese Defekte betreffen u. a. Proteine der Hautbarriere (z.B. Filaggrin) und der Immunzellen (z.B. Th2-Zellen, Interleukin 4 und 13). Das Resultat: Bei Neurodermitis sorgen veränderte Zellen dafür, dass in der Haut eine andauernde Entzündungsreaktion stattfindet. Die ohnehin schon empfindliche Haut wird dadurch also weiter geschwächt. Es entsteht im wahrsten Sinne des Wortes ein Teufelskreis, der nicht zuletzt auch durch das ständige Kratzen immer weiter angefacht wird.

2)   Mikrobiom der Haut: Gute Bakterien, schlechte Bakterien?

Ebenfalls im Zusammenhang mit der gestörten Hautbarriere bei Neurodermitis steht ein verändertes Mikrobiom. Damit gemeint ist ein Ungleichgewicht zwischen guten und schlechten Hautbakterien und Pilzen. Vor allem das Bakterium Staphylococcus aureus und der Pilz Malassezia furfur (Pityrosporum ovale) können bei einigen Formen der Neurodermitis vermehrt nachgewiesen werden im Vergleich zu gesunder Haut.

3)   Genetik: Familiäre Veranlagung für Neurodermitis

Eine genetische Veranlagung spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Neurodermitis. Es wurden bereits zahlreiche Gene identifiziert, die an der Vererbung von Neurodermitis beteiligt sind. Kinder von erkrankten Eltern zeigen daher ein deutlich erhöhtes Risiko, auch zu erkranken. Eine genaue Vorhersage, ob oder wann ein Kind erkranken wird, ist jedoch nicht möglich und unterliegt noch weiteren Einflussfaktoren. Die Neurodermitis gehört außerdem zu Erkrankungen des atopischen Formenkreises. Erkrankungen aus dieser Gruppe haben das Merkmal, dass sie häufig gemeinsam auftreten. Neurodermitis kommt also selten allein: Betroffene von Neurodermitis leiden oft auch an Heuschnupfen (allergischer Schnupfen), Nahrungsmittelallergien und/oder allergischem Asthma.

Die Neurodermitis ist zwar eine chronische Erkrankung, jedoch mit einer konsequenten Therapie gut in den Griff zu bekommen. Unsere erfahrenen Hautfachärzt*innen unterstützen und begleiten Dich dabei!

Was sind die Ursachen für trockene Haut?

Trockene Haut kann zahlreiche Ursachen haben. Nicht nur bei der Neurodermitis, sondern auch bei einigen weiteren Hauterkrankungen, kann sie als Erscheinung einer Hautkrankheit auftreten. Weitaus häufiger handelt es sich bei trockener Haut jedoch um vollkommen gesunde Haut, der es lediglich an Feuchtigkeit mangelt. Die Gründe dafür sind zahlreich: angefangen bei trockener Heizungsluft, Kälte und Stress über Ernährung, Rauchen und Alkohol hin zu Medikamenten, Allergien und falschen Hautpflegeprodukten. Auch das Alter spielt eine Rolle, da die Haut mit der Zeit an Elastizität verliert und die Fähigkeit zur Wasserbindung abnimmt. Zu guter Letzt kannst Du natürlich auch unabhängig von den genannten Ursachen von Natur aus zu trockener Haut neigen bzw. einen trockenen Hauttyp haben.

Neurodermitis vs. Trockene Haut: Wie ist die Behandlung?

Behandlungsmöglichkeiten bei Neurodermitis

Für die medizinische Behandlung der Neurodermitis kommen vor allem Salben und Cremes mit entzündungshemmender Wirkung zum Einsatz. Sowohl Glukokortikoide als auch Immunmodulatoren wie Tacrolimus sind Mittel der ersten Wahl. Tritt eine rasche Besserung ein, kann die Therapie schnell reduziert oder sogar beendet werden. Bei immer wieder auftretenden akuten Schüben ist jedoch eine langfristige Behandlung sinnvoll. Für schwere Formen der Neurodermitis sind ab einem Alter von 6 Jahren auch sogenannten Biologika wie z.B. Dupilumab zugelassen. Das Therapiespektrum bei Neurodermitis ist extrem groß. Je nach Alter, Form und Schweregrad der Neurodermitis wird die individuell geeignete Therapie ausgewählt.

Mehr über die Therapie von Neurodermitis erfährst Du in unserem Hautlexikon: Atopische Dermatitis (Neurodermitis)

Wenn auch Du an Neurodermitis leidest und Dir unsicher bist, welche Therapie für Dich geeignet ist, wende Dich gerne an unsere Hautfachärzt*innen bei dermanostic. Unsere Hautexpert*innen können einen auf Dich abgestimmten Therapieplan erstellen.

5 Tipps bei Neurodermitis

1.    Je früher, desto besser: Bei der Neurodermitis als chronische Erkrankung ist eine frühe Therapie besonders wichtig. Ziel ist es, eine Verschlechterung im Vorhinein zu verhindern. Mit einer konsequenten und langfristigen Therapie lässt sich die Neurodermitis erfolgreich beherrschen, sodass es gar nicht erst zu einem Auf- und Ab mit plötzlichen Ausbrüchen kommt.

2.   Sanft zur Haut: Deine Haut kommt jeden Tag mit ganz vielen Dingen in Kontakt. Bei der empfindlichen Haut bei Neurodermitis geht es dabei um mehr als nur die Wahl der richtigen Pflegeprodukte. Auch das Material der Kleidung, Bettwäsche und das Waschmittel können die Haut reizen. Am besten kannst Du selbst beobachten, wie Deine Haut auf bestimmte Einflüsse reagiert. Hautfreundliche Optionen sind Stoffe aus Baumwolle oder Leinen und Waschmittel, Weichspüler & Co. ohne reizende Duftstoffe (z.B. aus der Baby-Abteilung).

3.    Ernährung: Es ist unumstritten, dass die Ernährung die Hautgesundheit beeinflusst. Ob bzw. welche Lebensmittel zu einer Hautverschlechterung führen, ist jedoch auch individuell. Mögliche Trigger können z.B. Zucker, Weizen oder stark verarbeitete Lebensmittel sein. Hier erfährst Du mehr über Ernährung bei Neurodermitis: Die richtige Ernährung bei Neurodermitis

4.    Kein Kratzen: Leichter gesagt als getan, denn der Juckreiz bei Neurodermitis wird von vielen Betroffenen als das Schlimmste beschrieben. Trotzdem solltest Du, wenn immer möglich, das Kratzen unterlassen. Dabei verletzt Du nämlich nicht nur mit Deinen Fingern bzw. Fingernägel die Haut, sondern erleichterst auch Dreck und Bakterien den Weg in die Haut. Und davon befindet sich unter unseren Fingernägeln genug … Die Folge davon können Entzündungen sein.

5.    Vitamin D: Vitamin D ist gut für die Haut. Betroffene von Neurodermitis leiden allerdings im Vergleich häufiger an einem Vitamin-D-Mangel. Mit einer Blutabnahme kann der Vitamin-D-Spiegel leicht überprüft und auf einen Mangel kontrolliert werden. Liegt ein Mangel vor, lässt sich Vitamin D einfach in Form von Tabletten einnehmen und kann sich positiv auf die Haut bzw. die Hauterkrankung auswirken.

Behandlungsmöglichkeiten bei trockener Haut

Keine Frage – genauso wie Neurodermitis kann auch trockene Haut ganz schön quälend sein und mit unangenehmem Spannen und Juckreiz einhergehen. Glücklicherweise lässt sich trockene Haut in den meisten Fällen schnell und effektiv loswerden. Manchmal ist lediglich etwas Geduld gefragt. Einmal Eincremen reicht hier nicht …

5 Tipps bei trockener Haut

1.    Geeignete Pflegeprodukte: Bei der Wahl der Pflegeprodukte gilt es nicht nur, unerwünschte Inhaltsstoffe wie Alkohol, Parfüm und Duftstoffe zu vermeiden, sondern stattdessen eben auch die gewünschten Inhaltsstoffe auszuwählen. Ein Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe lohnt sich. Panthenol oder Glycerin beispielsweise wirken vor allem beruhigend, wenn die Haut nicht nur trocken, sondern auch gereizt ist. Urea (Harnstoff) hingegen hilft effektiv gegen trockene Schuppen. Für empfindliche und irritierte Haut kann Urea allerdings zu viel sein und unangenehm brennen. Feuchtigkeitsarme Haut spricht gut auf Cremes mit Hyaluronsäure an. Extrem trockene Haut wird (nur) mit Hyaluronsäure allerdings nicht glücklich. Stattdessen helfen stark rückfettende und reparierende Cremes mit intensiv pflegenden Ölen, Sheabutter und Ceramiden. Wenn die Haut nicht nur trocken, sondern auch die Hautbarriere geschädigt ist, sind Ceramide die Retter in der Not, um die Haut wieder aufzubauen.

2.    Hautfreundliches Duschen: Nicht zu häufig, nicht zu heiß und nicht zu lange lautet die Devise.

3.    Richtiges Klima: Vor allem Winter kann die Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit einen großen Einfluss auf die Haut nehmen. Die Haut mag es am liebsten warm und feucht. Doch Du musst nicht gleich die Heizung voll aufdrehen. Bereits wenige Grade können einen entscheidenden Unterschied bewirken. Um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen, kannst Du beispielsweise einfach eine Schale mit Wasser auf die Heizung stellen.

4.    Ausreichend Trinken: 1,5-2,5 Liter am Tag sind die empfohlene Trinkmenge.

5.    Medizinische Cremes: Wenn alles nichts hilft, kann es sinnvoll oder sogar notwendig sein, auf medizinische Cremes zurückzugreifen. Entzündungshemmende Cremes mit Wirkstoffen wie Cortison müssen meist nur wenige Tage verwendet werden, um die Haut wieder in den Griff zu bekommen. Danach kann wieder zur gewohnten Hautpflege (s.o.) gewechselt werden.

Lisa Henkel

Verfasst von Lisa Henkel

Lisa Henkel ist Medizinstudentin im klinischen Abschnitt und unterstützt als Co-Autorin die fachliche Redaktion bei dermanostic. Dabei verantwortet sie das Wirkstofflexikon und kleine Fachartikel zu Hauterkrankungen