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Warum Neurodermitis weitaus mehr als trockene Haut bedeutet

Trockene Haut? Neurodermitis? Das ist der Unterschied!

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Lisa Henkel 28.06.2024

Trockene Haut ist nur eine von vielen möglichen Hauterscheinungen bei der weitverbreiteten Hauterkrankung Neurodermitis. So gehen Neurodermitis und trockene Haut (fast) immer miteinander einher. Andersherum bedeutet dies jedoch keinesfalls, dass es sich bei trockener Haut gleich um Neurodermitis handelt. Es gibt bedeutende Unterschiede!

Im Fokus: Neurodermitis (atopische Dermatitis)

Neurodermitis, auch als atopische Dermatitis bezeichnet, ist eine der weitverbreitetsten Hauterkrankungen. Sie kann in jedem Alter auftreten, vor allem jedoch bei SĂ€uglingen und Kindern. In AbhĂ€ngigkeit von Alter, AusprĂ€gung, Verlauf und Schwere der Erkrankung werden verschiedene Formen der Erkrankung unterschiedene. Typische gemeinsame Beschwerden sind jedoch starker Juckreiz, trockene Haut und schuppige Ekzeme. Als chronische Erkrankung verlĂ€uft die Neurodermitis meist in lebenslangen (Krankheits-)Phasen und tritt in regelmĂ€ĂŸigen SchĂŒben auf. Die Neurodermitis gehört zur Gruppe der atopischen Erkrankungen, die hĂ€ufig gemeinsam vorkommen. Viele Betroffene von Neurodermitis leiden daher an weiteren Erkrankungen wie Allergien oder Asthma.

So unterscheidet sich die Haut bei Neurodermitis von gesunder Haut

Neurodermitis gehört zu den chronisch-entzĂŒndlichen Hautkrankheiten. Hautkrankheit: Das ist das entscheidende Stichwort, welches darauf hinweist, dass bei Neurodermitis fehlregulierte Prozesse der Haut fĂŒr die HautverĂ€nderungen verantwortlich sind. Die Haut bei Neurodermitis verhĂ€lt sich daher anders als gesunde Haut. Die Ursachen der atopischen Dermatitis sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollstĂ€ndig geklĂ€rt. Es wird ein Zusammenspiel verschiedener Risikofaktoren und Ursachen vermutet, darunter: genetische Veranlagung, Neigung zu Allergien, Asthma, Stress, gestörte Hautbarriere, trockene Haut und eine ImmunschwĂ€che bzw. ein fehlreguliertes Immunsystem.

Neurodermitis vs. Trockene Haut: Was sind die Ursachen?

Was sind die Ursachen fĂŒr Neurodermitis?

1)   Immunsystem: Gestörte Immunantwort bei Neurodermitis

Merkmal der Neurodermitis ist u. a. eine besonders trockene und empfindliche Haut. Dahinter steckt eine gestörte Hautbarriere, die normalerweise einen wichtigen Schutz gegenĂŒber Schadstoffen, Bakterien und Allergenen (z.B. Pollen, Tierhaare) bietet. Gelangen diese in die Haut, wird eine Immunantwort hervorgerufen, die eine EntzĂŒndungsreaktion auslöst – und das ist auch gut so! Diese EntzĂŒndungsreaktion dient nĂ€mlich dazu, die eingedrungenen Schadstoffe oder Erreger zu bekĂ€mpfen und möglichst schnell wieder loszuwerden. FĂŒr gesunde Haut also gar kein Problem!

So weit, so gut. Doch was ist bei Neurodermitis nun anders?

An jeder EntzĂŒndungsreaktion sind zahlreiche Signal- und Botenstoffe beteiligt. Bei Betroffenen von Neurodermitis konnten Defekte in einigen dieser Signal- und Botenstoffe festgestellt werden. Diese Defekte betreffen u. a. Proteine der Hautbarriere (z.B. Filaggrin) und der Immunzellen (z.B. Th2-Zellen, Interleukin 4 und 13). Das Resultat: Bei Neurodermitis sorgen verĂ€nderte Zellen dafĂŒr, dass in der Haut eine andauernde EntzĂŒndungsreaktion stattfindet. Die ohnehin schon empfindliche Haut wird dadurch also weiter geschwĂ€cht. Es entsteht im wahrsten Sinne des Wortes ein Teufelskreis, der nicht zuletzt auch durch das stĂ€ndige Kratzen immer weiter angefacht wird.

2)   Mikrobiom der Haut: Gute Bakterien, schlechte Bakterien?

Ebenfalls im Zusammenhang mit der gestörten Hautbarriere bei Neurodermitis steht ein verÀndertes Mikrobiom. Damit gemeint ist ein Ungleichgewicht zwischen guten und schlechten Hautbakterien und Pilzen. Vor allem das Bakterium Staphylococcus aureus und der Pilz Malassezia furfur (Pityrosporum ovale) können bei einigen Formen der Neurodermitis vermehrt nachgewiesen werden im Vergleich zu gesunder Haut.

3)   Genetik: FamiliĂ€re Veranlagung fĂŒr Neurodermitis

Eine genetische Veranlagung spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Neurodermitis. Es wurden bereits zahlreiche Gene identifiziert, die an der Vererbung von Neurodermitis beteiligt sind. Kinder von erkrankten Eltern zeigen daher ein deutlich erhöhtes Risiko, auch zu erkranken. Eine genaue Vorhersage, ob oder wann ein Kind erkranken wird, ist jedoch nicht möglich und unterliegt noch weiteren Einflussfaktoren. Die Neurodermitis gehört außerdem zu Erkrankungen des atopischen Formenkreises. Erkrankungen aus dieser Gruppe haben das Merkmal, dass sie hĂ€ufig gemeinsam auftreten. Neurodermitis kommt also selten allein: Betroffene von Neurodermitis leiden oft auch an Heuschnupfen (allergischer Schnupfen), Nahrungsmittelallergien und/oder allergischem Asthma.

Die Neurodermitis ist zwar eine chronische Erkrankung, jedoch mit einer konsequenten Therapie gut in den Griff zu bekommen. Unsere erfahrenen HautfachĂ€rzt*innen unterstĂŒtzen und begleiten Dich dabei!

Was sind die Ursachen fĂŒr trockene Haut?

Trockene Haut kann zahlreiche Ursachen haben. Nicht nur bei der Neurodermitis, sondern auch bei einigen weiteren Hauterkrankungen, kann sie als Erscheinung einer Hautkrankheit auftreten. Weitaus hĂ€ufiger handelt es sich bei trockener Haut jedoch um vollkommen gesunde Haut, der es lediglich an Feuchtigkeit mangelt. Die GrĂŒnde dafĂŒr sind zahlreich: angefangen bei trockener Heizungsluft, KĂ€lte und Stress ĂŒber ErnĂ€hrung, Rauchen und Alkohol hin zu Medikamenten, Allergien und falschen Hautpflegeprodukten. Auch das Alter spielt eine Rolle, da die Haut mit der Zeit an ElastizitĂ€t verliert und die FĂ€higkeit zur Wasserbindung abnimmt. Zu guter Letzt kannst Du natĂŒrlich auch unabhĂ€ngig von den genannten Ursachen von Natur aus zu trockener Haut neigen bzw. einen trockenen Hauttyp haben.

Neurodermitis vs. Trockene Haut: Wie ist die Behandlung?

Behandlungsmöglichkeiten bei Neurodermitis

FĂŒr die medizinische Behandlung der Neurodermitis kommen vor allem Salben und Cremes mit entzĂŒndungshemmender Wirkung zum Einsatz. Sowohl Glukokortikoide als auch Immunmodulatoren wie Tacrolimus sind Mittel der ersten Wahl. Tritt eine rasche Besserung ein, kann die Therapie schnell reduziert oder sogar beendet werden. Bei immer wieder auftretenden akuten SchĂŒben ist jedoch eine langfristige Behandlung sinnvoll. FĂŒr schwere Formen der Neurodermitis sind ab einem Alter von 6 Jahren auch sogenannten Biologika wie z.B. Dupilumab zugelassen. Das Therapiespektrum bei Neurodermitis ist extrem groß. Je nach Alter, Form und Schweregrad der Neurodermitis wird die individuell geeignete Therapie ausgewĂ€hlt.

Mehr ĂŒber die Therapie von Neurodermitis erfĂ€hrst Du in unserem Hautlexikon: Atopische Dermatitis (Neurodermitis)

Wenn auch Du an Neurodermitis leidest und Dir unsicher bist, welche Therapie fĂŒr Dich geeignet ist, wende Dich gerne an unsere HautfachĂ€rzt*innen bei dermanostic. Unsere Hautexpert*innen können einen auf Dich abgestimmten Therapieplan erstellen.

5 Tipps bei Neurodermitis

1.    Je frĂŒher, desto besser: Bei der Neurodermitis als chronische Erkrankung ist eine frĂŒhe Therapie besonders wichtig. Ziel ist es, eine Verschlechterung im Vorhinein zu verhindern. Mit einer konsequenten und langfristigen Therapie lĂ€sst sich die Neurodermitis erfolgreich beherrschen, sodass es gar nicht erst zu einem Auf- und Ab mit plötzlichen AusbrĂŒchen kommt.

2.   Sanft zur Haut: Deine Haut kommt jeden Tag mit ganz vielen Dingen in Kontakt. Bei der empfindlichen Haut bei Neurodermitis geht es dabei um mehr als nur die Wahl der richtigen Pflegeprodukte. Auch das Material der Kleidung, BettwĂ€sche und das Waschmittel können die Haut reizen. Am besten kannst Du selbst beobachten, wie Deine Haut auf bestimmte EinflĂŒsse reagiert. Hautfreundliche Optionen sind Stoffe aus Baumwolle oder Leinen und Waschmittel, WeichspĂŒler & Co. ohne reizende Duftstoffe (z.B. aus der Baby-Abteilung).

3.    ErnĂ€hrung: Es ist unumstritten, dass die ErnĂ€hrung die Hautgesundheit beeinflusst. Ob bzw. welche Lebensmittel zu einer Hautverschlechterung fĂŒhren, ist jedoch auch individuell. Mögliche Trigger können z.B. Zucker, Weizen oder stark verarbeitete Lebensmittel sein. Hier erfĂ€hrst Du mehr ĂŒber ErnĂ€hrung bei Neurodermitis: Die richtige ErnĂ€hrung bei Neurodermitis

4.    Kein Kratzen: Leichter gesagt als getan, denn der Juckreiz bei Neurodermitis wird von vielen Betroffenen als das Schlimmste beschrieben. Trotzdem solltest Du, wenn immer möglich, das Kratzen unterlassen. Dabei verletzt Du nĂ€mlich nicht nur mit Deinen Fingern bzw. FingernĂ€gel die Haut, sondern erleichterst auch Dreck und Bakterien den Weg in die Haut. Und davon befindet sich unter unseren FingernĂ€geln genug 
 Die Folge davon können EntzĂŒndungen sein.

5.    Vitamin D: Vitamin D ist gut fĂŒr die Haut. Betroffene von Neurodermitis leiden allerdings im Vergleich hĂ€ufiger an einem Vitamin-D-Mangel. Mit einer Blutabnahme kann der Vitamin-D-Spiegel leicht ĂŒberprĂŒft und auf einen Mangel kontrolliert werden. Liegt ein Mangel vor, lĂ€sst sich Vitamin D einfach in Form von Tabletten einnehmen und kann sich positiv auf die Haut bzw. die Hauterkrankung auswirken.

Behandlungsmöglichkeiten bei trockener Haut

Keine Frage – genauso wie Neurodermitis kann auch trockene Haut ganz schön quĂ€lend sein und mit unangenehmem Spannen und Juckreiz einhergehen. GlĂŒcklicherweise lĂ€sst sich trockene Haut in den meisten FĂ€llen schnell und effektiv loswerden. Manchmal ist lediglich etwas Geduld gefragt. Einmal Eincremen reicht hier nicht 


5 Tipps bei trockener Haut

1.    Geeignete Pflegeprodukte: Bei der Wahl der Pflegeprodukte gilt es nicht nur, unerwĂŒnschte Inhaltsstoffe wie Alkohol, ParfĂŒm und Duftstoffe zu vermeiden, sondern stattdessen eben auch die gewĂŒnschten Inhaltsstoffe auszuwĂ€hlen. Ein Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe lohnt sich. Panthenol oder Glycerin beispielsweise wirken vor allem beruhigend, wenn die Haut nicht nur trocken, sondern auch gereizt ist. Urea (Harnstoff) hingegen hilft effektiv gegen trockene Schuppen. FĂŒr empfindliche und irritierte Haut kann Urea allerdings zu viel sein und unangenehm brennen. Feuchtigkeitsarme Haut spricht gut auf Cremes mit HyaluronsĂ€ure an. Extrem trockene Haut wird (nur) mit HyaluronsĂ€ure allerdings nicht glĂŒcklich. Stattdessen helfen stark rĂŒckfettende und reparierende Cremes mit intensiv pflegenden Ölen, Sheabutter und Ceramiden. Wenn die Haut nicht nur trocken, sondern auch die Hautbarriere geschĂ€digt ist, sind Ceramide die Retter in der Not, um die Haut wieder aufzubauen.

2.    Hautfreundliches Duschen: Nicht zu hĂ€ufig, nicht zu heiß und nicht zu lange lautet die Devise.

3.    Richtiges Klima: Vor allem Winter kann die Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit einen großen Einfluss auf die Haut nehmen. Die Haut mag es am liebsten warm und feucht. Doch Du musst nicht gleich die Heizung voll aufdrehen. Bereits wenige Grade können einen entscheidenden Unterschied bewirken. Um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen, kannst Du beispielsweise einfach eine Schale mit Wasser auf die Heizung stellen.

4.    Ausreichend Trinken: 1,5-2,5 Liter am Tag sind die empfohlene Trinkmenge.

5.    Medizinische Cremes: Wenn alles nichts hilft, kann es sinnvoll oder sogar notwendig sein, auf medizinische Cremes zurĂŒckzugreifen. EntzĂŒndungshemmende Cremes mit Wirkstoffen wie Cortison mĂŒssen meist nur wenige Tage verwendet werden, um die Haut wieder in den Griff zu bekommen. Danach kann wieder zur gewohnten Hautpflege (s.o.) gewechselt werden.

Lisa Henkel

Verfasst von Lisa Henkel

Lisa Henkel ist Medizinstudentin im klinischen Abschnitt und unterstĂŒtzt als Co-Autorin die fachliche Redaktion bei dermanostic. Dabei verantwortet sie das Wirkstofflexikon und kleine Fachartikel zu Hauterkrankungen