1,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Schuppenflechte
Dr. Alice Martin 18.09.2022
Die Schuppenflechte (Psoriasis) ist eine chronische Hautkrankheit an der schätzungsweise 1,5 Millionen [1] Menschen in Deutschland leiden. Dabei ist sie so viel mehr als „nur eine Hautkrankheit“. So kann die Krankheit für großen Leidensdruck sorgen und sowohl den persönlichen als auch beruflichen Alltag bestimmen und einschränken. Darüber hinaus kann die Schuppenflechte in verschiedenen Varianten, Schweregraden und Verlaufsformen auftreten. Dutzende Wirkstoffe, Präparate und Therapieempfehlungen lassen Betroffene schnell überfordert und ratlos dastehen.
In diesem Artikel erklären wir Dir, wie bei der Behandlung der Schuppenflechte (Psoriasis) vorgegangen wird – Schritt für Schritt.
Die Schuppenflechte, auch als Psoriasis vulgaris bezeichnet, ist eine weitverbreitete (Haut-)Erkrankung, die sich durch juckende und schuppende Hautläsionen (Plaques) äußert. Sie zeigt typischerweise einen Verlauf in Schüben, die durch verschiedene Faktoren wie Umwelteinflüsse oder Stress verursacht werden können. Die (möglichen) Ursachen der Schuppenflechte sind vielfältig und zum Teil noch ungeklärt. Es ist davon auszugehen, dass die Krankheit durch eine Kombination von Risikofaktoren hervorgerufen wird, darunter: genetische Veranlagung, Medikamente, hormonelles Ungleichgewicht oder Immunschwäche. Die Schuppenflechte ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die zwar nicht geheilt, jedoch mit einer gezielten Therapie gut behandelt werden kann.
Zum Nachlesen: Hautlexikon Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte)
Jede*r Patient*in ist individuell: Sowohl unter Berücksichtigung der verschiedenen Varianten, Schweregrade und Verlaufsformen der Schuppenflechte als auch von Alter oder Begleiterkrankungen ist jede Behandlung so individuell wie der*die Patient*in selbst.
*Hinweis: Ganze 202 Seiten umfasst die aktuelle Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris [2]. Dementsprechend sei erwähnt, dass wir in diesem Artikel nur einen Überblick über die Behandlungsmöglichkeiten bieten können.
In der Regel wird die Behandlung der Schuppenflechte mit topischen Präparaten begonnen. Das sind Wirkstoffe bzw. Präparate, die äußerlich auf die Haut aufgetragen werden. Dabei stehen verschiedene Wirkstoffe in Form von Cremes, Salben oder Lösungen zur Verfügung. Alle Wirkstoffe haben gemeinsam, dass sie insgesamt gut verträglich sind und selten zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Grund dafür ist, dass die Wirkstoffe ihre Wirkung lokal in der Haut entfalten und nicht bzw. nur in minimalen Mengen in den Körper gelangen. Bei all den zahlreichen Wirkstoffen und Präparaten ist für (fast) jede*n das Richtige dabei! Führt der erste Versuch nicht gleich zum gewünschten Behandlungserfolg, ist das kein Grund für Frustration. Dann ist lediglich ein wenig Geduld und trial-and-error gefragt. Behandlung erfolgreich? Glückwunsch! Die folgenden Behandlungsschritte sind dann nicht mehr von Bedeutung für Dich.
Ausnahme(n):
Liegt eine mittelschwere oder schwere Form der Schuppenflechte vor und/oder sind große Flächen der Haut betroffen, stoßen Cremes, Salben & Co. an ihre Grenzen. In diesem Fall kann es sein, dass direkt zu einer systemischen Therapie (siehe 2. Schritt) geraten wird. Topische Präparate werden dann eventuell zur Ergänzung, also zusätzlich zur systemischen Therapie, verschrieben.
*Salicylsäure und Urea (Harnstoff) werden in unterschiedlichen Konzentrationen angeboten. In geringer Konzentration sind sie in frei verkäuflichen Pflegeprodukten (z.B. in Bodylotion) vorhanden und für die tägliche Pflege jeder Haut geeignet. Dahingegen sollten höher konzentrierte Produkte nur auf ärztlichen Rat verwendet werden.
Eine systemische Therapie mit Tabletten wird erst bzw. nur begonnen, wenn topische Therapien keine ausreichende Wirkung erzielt haben. Voraussetzung ist, dass alle Möglichkeiten der topischen Therapien ausgeschöpft wurden. Tabletten bieten den Vorteil, dass sie eine deutlich stärkere Wirkung bieten, gehen aber natürlich auch mit Risiken und Nebenwirkungen einher (dazu gleich mehr). Darüber hinaus erfordert die Schuppenflechte bekanntlich eine langfristige(re) Behandlung. Dementsprechend werden die Tabletten auch über einen längeren Zeitraum eingenommen.
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung?
Die Medikamente zur Behandlung der Schuppenflechte kommen seit > 25 Jahren zum Einsatz und zeigen eine gute Wirksamkeit. Auf der Gegenseite können allerdings Nebenwirkungen auftreten. Das Ziel der Behandlung ist vor allem eines: Lebensqualität! Bei der Wahl der Therapie müssen Ärzt*in und Patient*in gemeinsam abwägen. Bei großem Leidensdruck können geringe Risiken oder milde Nebenwirkungen ggf. in Kauf genommen werden.
Biologika kommen dann zum Einsatz, wenn eine systemische Therapie mit Tabletten zu keiner Besserung geführt hat, Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen aufgetreten sind oder grundsätzlich nicht infrage kommt (Kontraindikationen wie z.B. Vorerkrankungen). Als Biologika werden Medikamente bezeichnet, die entzündungshemmende Antikörper enthalten. Diese Antikörper, sogenannte monoklonale Antikörper, werden künstlich im Labor hergestellt und sind unseren körpereigenen Antikörpern nachempfunden. Denn wir alle produzieren Antikörper, die unser Immunsystem zum Schutz vor Erregern und zur Bekämpfung von Entzündungen benötigt. Stichwort Entzündung: Als chronisch-entzündliche Hautkrankheit steckt auch hinter der Schuppenflechte eine andauernde Entzündungsreaktion. Das ist der Grund, weshalb sich die Schuppenflechte durch die Gabe von entzündungshemmenden Antikörpern behandeln lässt. Biologika werden in Form von Infusionen oder Injektionen (Spritzen) im Abstand von mehreren Wochen verabreicht. Bei insgesamt guter Verträglichkeit können dennoch Nebenwirkungen auftreten.
Gute Wirkung, gute Verträglichkeit = Biologika für alle?
Nein, Biologika sind nicht für jede*n geeignet. Bei bestimmten Vorerkrankungen dürfen Biologika nicht eingesetzt werden. Auch für Schwangere und Stillende sind sie nicht geeignet. Es sollte eine individuelle Abwägung mit dem*der behandelnden Ärzt*in erfolgen. Nicht selten sind Voruntersuchungen vor einer Therapie mit Biologika notwendig.
Die hier genannten Biologika kommen unter besonderen Bedingungen zum Einsatz. So ist Infliximab beispielsweise ein Mittel der ersten Wahl bei Patient*innen, die gleichzeitig an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leiden.
Folgende Wirkstoffe werden u. a. als Biologika der 2. Wahl eingesetzt:
Es klingt fast wie Urlaub: Licht und Salzwasser helfen bewiesenermaßen gegen Schuppenflechte.
Die Behandlung der Schuppenflechte mit UV-Licht (Bestrahlungstherapie/Phototherapie) und Solebädern (Salzbädern) wird wegen der geringen Nebenwirkungen auch gerne empfohlen. Sie lässt sich außerdem auch zusätzlich zu den genannten Therapien mit Cremes, Tabletten oder Biologika durchführen. Dabei lassen sich verschiedene Methoden unterscheiden. So werden bei der SUP-Phototherapie und der UVB-Therapie verschiedene Arten der UV-Strahlung verwendet. Bei der PUVA-Therapie wird vor der Bestrahlung eine spezielle Creme auf die Haut aufgetragen, um die Wirkung zu verstärken. Und bei der Balneophototherapie handelt es sich wiederum um eine Kombination aus einem Solebad (Salzbad) und UV-Bestrahlung.
Für Kinder und Jugendliche, Schwangere und Patient*innen mit weiteren Erkrankungen gelten besondere Empfehlungen. Die Behandlung der Schuppenflechte sollte in diesen Fällen unter enger ärztlicher Absprache erfolgen. Dabei steht die Auswahl geeigneter Wirkstoffe bzw. Präparate im Vordergrund.
Besondere Situationen existieren u. a. bei gleichzeitigem Vorliegen von:
Verfasst von Dr. Alice Martin
Dr. med. Alice Martin ist Hautärztin in Weiterbildung und Mitgründerin der Online-Hautarztpraxis dermanostic. Sie ist leidenschaftliche Vermittlerin für dermatologische Themen und deshalb bei dermanostic für die Patientenkommunikation zuständig.