Laura Siebertz 26.01.2022
In den letzten Jahren sind telemedizinische Behandlungen immer populärer geworden. Auch in Deutschland etabliert sich diese Behandlungsmöglichkeit zunehmend und wird voraussichtlich in den nächsten Jahren noch weiter an Relevanz gewinnen. Aber was genau ist Telemedizin eigentlich und wie lässt sich Teledermatologie hier einordnen?
Die Bundesärztekammer beschreibt Telemedizin als Versorgungsansatz, bei dem ärztliche Beratungen mit Hilfe von Informations- bzw. Kommunikationstechnologien über eine räumliche und/oder zeitliche Distanz vollzogen werden.[1]
Was kompliziert klingt, birgt für Patienten und Arzt einen klaren Vorteil: Flexibilität. Durch telemedizinische Behandlungen fallen die Anreise und Verfügbarkeitsprobleme weg. Das gilt insbesondere auch für die Teledermatologie (telemedizinische Dermatologie).
Studien bestätigen, dass es im Bereich Dermatologie häufig zu langen Wartezeiten auf einen Termin beim Hautarzt kommt. Manchmal ist ein Besuch beim Hautarzt gerade in ländlichen Gebieten gar nicht möglich, wodurch es zu Versorgungsengpässen kommt. [2]
Dieses Phänomen wurde durch die Covid-19-Pandemie noch verstärkt. Wichtige Vorsorgeuntersuchungen, wie z.B. Hautkrebs-Screenings, mussten verschoben werden. Außerdem wollten Patienten Termine nicht wahrnehmen, da sie Angst davor hatten, sich im Wartezimmer infizieren zu können. Eine verzögerte dermatologische Untersuchung kann ernsthafte oder im schlimmsten Fall sogar tödliche Folgen haben. So gilt die Teledermatologie als wertvolle Ergänzungslösung.
Um einen aktuellen Entwicklungsstand der Teledermatologie abzubilden und die Frage nach den Chancen und Limitationen zu klären, werden im Folgenden die Aspekte Prävention, Behandlung, Datensicherheit und Patientensicherheit in der Teledermatologie genauer betrachtet.
Prävention, also die Vorbeugung, ist ein entscheidender Faktor, wenn es um Gesundheit geht. Prävention, wie z.B. von Hautkrebs, sollte immer möglichst individuell auf die Person zugeschnitten sein, die einer Krankheit vorbeugen will. An dieser Stelle kommen Apps oder Webanwendungen ins Spiel, mit der Patienten entweder bei Unsicherheiten den Arzt kontaktieren oder sich selbst mobil überwachen können. Die bekanntesten Beispiele solcher Präventions-Applikationen sind wahrscheinlich Ernährungs- und Fitness-Apps. Mit einer Mischung aus Motivationsnachrichten, Wissensvermittlung und Gamification erleichtern diese Apps ihren Nutzern den Alltag und sollen ihnen helfen gesünder zu leben bzw. einen ungesunden Lebensstil vorzubeugen.
Es gibt auch Applikationen, die die dermatologische Vorsorge unterstützen, indem beim Sonnenbaden z.B. regelmäßig auf einen ausreichenden Schutz hingewiesen wird. Das zeigt, dass bei vielen Menschen sowohl Bedürfnis als auch Bereitschaft zur Prävention bestehen. Diese kann sowohl in Form von Selbstüberprüfung, als auch in Form eines medizinischen Feedbacks eines Arztes per App erfolgen. Daher ist der Bereich Prävention ein wichtiger Bereich für die Teledermatologie.
Es gibt zwei verschiedene Arten der teledermatologischen Behandlung: Videotelefonie und das Bild-Text-Verfahren.
Mittels Videotelefonie können Sprechstunden trotz einer räumlichen Trennung stattfinden. Dabei kommunizieren Patient und Arzt per Video über das Internet, während sie sich gleichzeitig sehen können. Trotz der Entfernung stehen sie also in direktem persönlichen Kontakt. Diese Art der Arzt-Patienten-Kommunikation bedeutet eine enorme Zeitersparnis für den Patienten, da die Anreise zum Arzt wegfällt. Auf diese Weise wird die Versorgung von immobilen Menschen und Menschen in strukturschwachen Regionen wesentlich erleichtert.
Eine andere Variante bietet das Bild-Text-Verfahren, auch Store-and-forward genannt. Hier findet die Kommunikation zwischen Arzt und Patient nicht nur mit räumlicher, sondern auch mit zeitlicher Distanz statt. Der Arzt kann mittels Fotos und einem ausgefüllten Fragebogen des Patienten eine Diagnose stellen. Schon 2009 hat eine Studie bestätigt, dass das Bild-Text-Verfahren in den Kategorien Diagnose, Therapie und Patientenzufriedenheit zu ähnlichen Ergebnissen gekommen ist, wie die herkömmliche Behandlung. [3] Dabei bietet dieses Verfahren den Vorteil, dass nicht nur der Patient, sondern auch der Arzt eine Zeitersparnis gewinnt, wodurch sich die medizinische Arbeit flexibler und effizienter gestalten lässt.
Die dermanostic-App ist ein Beispiel für dieses Verfahren. Mehr über die App, z.B. welche Herausforderungen es bei der Entwicklung von Gesundheitsapps gibt, könnt Ihr in einem Interview mit dermanostic-Gründer und CEO Ole Martin erfahren.
Ein Aspekt der Teledermatologie, der für viele Patienten von höchstem Interesse ist, ist die Datensicherheit. Das bedeutet, dass persönlichen Informationen nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen. Gerade in Deutschland stehen sensible persönliche Daten, wie z. B. auch medizinische Informationen, unter großem Schutz. Deshalb dürfen beim Umgang mit Patientendaten nur verschlüsselte E-Mail- und Messenger-Dienste verwendet werden
Ein weiterer höchstrelevanter Aspekt ist die Patientensicherheit. Damit gewährleistet wird, dass ein Patient die bestmögliche Behandlung erfährt, muss sich ein Arzt – und auch ein Telemediziner – an gewisse Grundsätze und Richtlinien halten. Zum Beispiel müssen Behandlungsschritte protokolliert werden, um eine Qualitätssicherung- und Nachverfolgung zu gewährleisten.
Grundsätzlich haben Studien und die Daten von dermanostic gezeigt, dass das Bild-Text-Verfahren ähnlich zuverlässige Ergebnisse wie Präsenzbefunde liefern kann, wenn die gleichen Qualitätsstandards gewahrt werden.
Im Allgemeinen müssen Teledermatologen die gleiche Qualitätssicherung betreiben wie Präsenz-Fachkräfte. Dazu gehört, dass Behandlungen und Verlaufskontrollen strukturiert und mit Sorgfalt erfolgen.
Natürlich ist die Teledermatologie zusätzlichen Voraussetzungen unterworfen, so ist eine gute Fotoqualität entscheidend für eine sichere Diagnosestellung.
Darüber hinaus gibt es in der teledermatologischen Untersuchung auch Ergebnisse, die eine weiteren Arztbesuch vor Ort zwingend erforderlich machen. Hier ist es die Pflicht des Teledermatologen seinen Patienten unverzüglich und ausführlich darüber aufzuklären, um die Gesundheit des Patienten nicht zu gefährden.
Die Teledermatologie kann als eine Erleichterung für das Gesundheitswesen betrachtet werden. Sie könnte den Arztbesuch in Zukunft flexibler gestalten und eine dermatologische Versorgung schneller verfügbar machen. Allerdings hat sie auch ihre Grenzen, denen sich ihre Anwender und Nutzer bewusst sein sollten.
Mittlerweile forschen viele teledermatologische Unternehmen an einer möglichen Zusammenarbeit mit AI-Systemen (Systeme mit artificial intelligence) bzw. mit KI (Künstliche Intelligenz). Zusätzlich zu der Einschätzung eines Arztes werden die Beschwerden des Pateinten durch eine künstliche Intelligenz beurteilt. Der Arztübernimmt weiterhin die Haftung für potenziell falsche Diagnosen. Das Feld der AI birgt interessantes Potenzial [4], das sich zu erforschen lohnt.
*In diesem Text haben wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Hiermit möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir uns damit gleichermaßen auf männliche, weibliche und andere Geschlechteridentitäten beziehen.
Verfasst von Laura Siebertz
Laura Siebertz leitet die Presseabteilung von dermanostic und ist verantwortlich für die Fachredaktion der Rubrik Digital Health auf dem Unternehmensblog. Sie studierte Kultur- und Medienwissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und beschäftigt sich vor allem mit den Themen Health-Apps, ethischen Aspekten der Digitalisierung, Nutzerakzeptanz und Patientensicherheit.