Lexikon

Was ist Telemedizin? Definition, Vorteile, Grenzen und gesetzlicher Rahmen

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Laura Siebertz 25.01.2022

Telemedizin – für jeden ein Begriff, doch kennen wenige die Definition.

Als „Telemedizin“ wird ein Anwendungsbereich von elektronischen Gesundheitsdiensten (eHealth) bezeichnet. Die Telemedizin ermöglicht eine Diagnose und Therapie unter Überbrückung einer räumlichen und zeitlichen Distanz, zwischen einem Arzt, Therapeuten oder Apotheker und dem Patienten. Das Ziel ist es, medizinische Vorgänge zu unterstützen und zu optimieren. [1]

Das bekannteste telemedizinische Verfahren und fester Bestandteil unseres Gesundheitssystems ist die telefonische Beratung, wobei die Video-Sprechstunde seit einigen Jahren vermehrt in der Praxis angewendet wird. Daneben gibt es telemedizinische Anwendungen in Form von Applikationen („Apps“) für verschiedene Fachgebiete.

Während in anderen Ländern, wie z.B. in Skandinavien [2] oder Estland [3], die telemedizinischen Verfahren schon einen großen Stellenwert in der gesundheitlichen Versorgung einnehmen, ist der Zugang zur Telemedizin in Deutschland für viele Menschen noch mit Sorgen behaftet. Oft besteht die Befürchtung, dass der „Faktor Mensch“ und die für eine Behandlung notwendige Empathie durch die Informations- und Kommunikationstechnologie verloren gehen. [4]

Was sind die Vorteile einer telemedizinischen Behandlung für den Patienten?

  • Lange Wartezeiten für einen Termin beim Facharzt entfallen
  • Sicherstellung medizinischer Versorgung in strukturschwachen und ländlichen Regionen
  • Wegfall aufwändiger Transporte für immobile Menschen
  • Möglichkeit der Konsultation eines deutschen Arztes für Reisende oder im Ausland lebende Menschen
  • Behandlung durch den Online-Arzt auch bei schambehafteten Themen persönliche Gefühle betreffend, wie zum Bsp. bei sexuellen Funktionsstörungen oder stigmatisierenden Hauterkrankungen
  • Covid19-Pandemie: Entlastung der Arztpraxen und Minimierung des Ansteckungsrisikos im Wartezimmer

Was sind die Vorteile einer telemedizinischen Behandlung für das Gesundheitssystem?

  • Entlastung des Gesundheitssystems vor dem Hintergrund des bevorstehenden Ärztemangels in den kommenden Jahren: Sichergestellte Gesundheitsversorgung, gerade im ländlichen Raum
  • Abklärung „einfacher“ Patientenfälle mit mehr Zeit für Patienten mit schwerwiegenden akuten oder schweren chronischen Erkrankungen.
  • Kostenersparnis für Krankenhäuser hinsichtlich zeitlicher und personeller Ressourcen
  • Enorme Zeitersparnis und Flexibilitätsgewinn für den Arzt
  • Kostenersparnis für Krankenversicherungen, aufgrund zeitnaher Behandlung

Was sind die Grenzen der Telemedizin?

Bei plötzlich auftretenden starken Beschwerden ist eine telemedizinische Behandlung nicht ausreichend, so dass in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden muss. Je nach Diagnose, die bei einer telemedizinischen Behandlung gestellt wird, muss für die Befundung eine weitere Untersuchung im Labor vorgenommen werden. Die Voraussetzung für eine qualitativ gesicherte Behandlung ist eine ausreichende Internetverbindung und Auflösung der Webcam.

Was sind die gesetzlichen Bestimmungen für eine telemedizinische Behandlung?

Lange stand der Entwicklung der Telemedizin das Fernbehandlungsverbots im Wege. Seit dem Inkrafttreten des E-Health Gesetzes und der Einführung der Telematikinfrastruktur in Deutschland 2017 gibt es Möglichkeiten zur Abrechnung der Videosprechstunde bei der Krankenversicherung. [5] Seit 2019 gibt es zusätzlich das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG), dass eine Rechtsgrundlage für den Anspruch der Versicherten auf die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen schafft. [6]

Auch wenn viele Menschen der telemedizinischen Leistungen gegenüber skeptisch sind, zeigen Befragungen, dass ein großer Teil die Entwicklungen im Bereich Telemedizin begrüßt. Die Entwicklung der Telemedizin wird in den nächsten Jahren weiter ansteigen und auf Dauer selbstverständlicher Teil unserer medizinischen Versorgung werden.

*In diesem Text haben wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Hiermit möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir uns damit gleichermaßen auf männliche, weibliche und andere Geschlechteridentitäten beziehen.

Laura Siebertz

Verfasst von Laura Siebertz

Laura Siebertz leitet die Presseabteilung von dermanostic und ist verantwortlich für die Fachredaktion der Rubrik Digital Health auf dem Unternehmensblog. Sie studierte Kultur- und Medienwissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und beschäftigt sich vor allem mit den Themen Health-Apps, ethischen Aspekten der Digitalisierung, Nutzerakzeptanz und Patientensicherheit.

Literatur und Einzelnachweise

  1. Bundesärztekammer:
    Telemedizinische Methoden in der Patientenversorgung – Begriffliche Verortung. (2015) | Abgerufen am von www.bundesaerztekammer.de
  2. Börve, A., Molina-Martinez, R.:
    A pilot study of a medical information service using mobile phones in Sweden. In: Journal of telemedicine and telecare 15(8), 421-422 (2009) | Abgerufen am von doi.org
  3. Köhler, F. et al.:
    Gesundheitstelematik/Telemedizin in der Republik Estland. In: DMW-Deutsche Medizinische Wochenschrift 129, 17-20 (2004) | Abgerufen am von
  4. Dockweiler, C.:
    Akzeptanz der Telemedizin. In: Fischer F., Krämer A. (Hrsg.): eHealth in Deutschland, 257-271 (2016) | Abgerufen am von doi.org
  5. Brauns, H. J., Loos, W.:
    Telemedizin in Deutschland. In: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 58(10), 1068-1073. (2015) | Abgerufen am von doi.org
  6. Bundesministerium für Gesundheit:
    Ärzte sollen Apps verschreiben können (2020) | Abgerufen am von www.bundesgesundheitsministerium.de