Welche Auswirkungen haben Hormone auf Deine Haut?
Dr. Alice Martin 02.10.2022
Der Menstruationszyklus dauert etwa 28 Tage, in denen die weiblichen Hormone fein aufeinander abgestimmt zusammenspielen. In jedem Zyklus werden 4 Phasen durchlaufen, in denen Östrogen, Progesteron, LH und FSH ihre Wirkung entfalten. Der Effekt der monatlichen Hormonschwankungen auf Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden, Stimmung und nicht zuletzt auf die Haut ist groß.
Bei dem Stichwort Menstruation oder Menstruationszyklus kommt wohl den meisten als erster Gedanke die monatliche Blutung in den Sinn. Das ist nur logisch, wo Frauen immerhin Jahrzehnte ihres Lebens von den monatlichen Blutungen begleitet werden. Die Menstruationsblutung ist sicherlich die eine Sache, dabei steckt hinter der zweiten Hälfte des Wortes „Menstruationszyklus“ jedoch noch so viel mehr. Es ist nämlich überaus faszinierend, wie unser Körper es vollbringt, dass der Zyklus jahrelang jeden Monat wie ein Uhrwerk abläuft. Das erfordert komplexe Prozesse, die tagtäglich im Hintergrund ablaufen. Und wer gibt den Takt an? Unsere Hormone!
Der Menstruationszyklus läuft von Monat zu Monat auf gleiche Weise ab. Dabei lassen sich 4 Phasen unterscheiden, in denen jeweils charakteristische Veränderungen und Prozesse stattfinden. Der Menstruationszyklus im Ganzen oder auch die einzelnen Phasen können Schwankungen zeigen. Für einen gesunden Zyklus und die grundsätzliche Möglichkeit einer Schwangerschaft müssen allerdings alle Phasen hintereinander ablaufen.
Der Beginn, also Tag 1 des Menstruationszyklus, entspricht dem ersten Tag der Periode.
So lassen sich die 4 Phasen des Menstruationszyklus an der Haut ablesen:
Der erste Tag des Menstruationszyklus ist der erste Tag der Blutung. Die Menstruationsblutung tritt wiederum ein, wenn die bereits in der Lutealphase des letzten Zyklus abgesunkenen Hormonspiegel ihren Tiefpunkt erreichen. Das bewirkt, dass die Gebärmutterschleimhaut im Sinne der Menstruationsblutung ausgestoßen wird. Während der Menstruation bleibt der gesamte Hormonspiegel andauernd niedrig. Für unsere Haut sind die niedrigen Hormonspiegel jedoch nicht optimal. Während der Menstruation zeigt sie sich daher tendenziell trocken und fahl. Die gute Nachricht: Die starken Hormonschwankungen, die bei vielen Frauen die Haut kurz vor der Menstruation verrückt spielen lassen, sind vorbei. Auch wenn also noch der ein oder andere unschöne Pickel da ist, beruhigt sich die Haut langsam wieder. Ab jetzt wird die Haut wieder besser!
Wenn Du in der ersten Zykluswoche zu trockenerer Haut als üblich neigst, kannst Du Deiner Haut während der Menstruation eine Extraportion Feuchtigkeit gönnen, z.B. mit einer pflegenden Maske.
Ist die Menstruationsblutung vorbei, beginnen die Hormonspiegel langsam wieder zu steigen. Von besonderer Bedeutung ist hier das Östrogen. Östrogen ist auch als „Glow-Hormon“ bekannt, weil es positive Auswirkungen auf die Haut hat. Es unterstützt u. a. die Kollagenproduktion und Feuchtigkeitsaufnahme der Haut. Der langsam steigende Östrogenspiegel äußert sich in der Follikelphase deshalb bei vielen Frauen mit ebenmäßiger, praller und reiner Haut. Auch die Haare können in der Follikelphase voller, dichter und glänzender erscheinen.
Wenn der weiter ansteigende Östrogenspiegel eine gewisse Schwelle überschreitet, wird der Eisprung ausgelöst. Der Eisprung markiert also den Zeitpunkt mit dem maximalen Östrogenspiegel. Östrogen sei Dank – erreicht also auch der Hautzustand den Peak am Eisprung. Hallo, strahlende Haut!
Die Tage um den Eisprung sind alles entscheidend. Denn nur im Zeitraum um den Eisprung herum kann überhaupt eine Befruchtung von Eizellen stattfinden und eine Schwangerschaft entstehen. Was passiert nun, wenn keine Befruchtung erfolgt ist? Sobald der Körper merkt, dass keine Schwangerschaft bevorsteht, möchte er die dick aufgebaute Schleimhaut der Gebärmutter und speziell das überschüssige Östrogen schnellstmöglich wieder loswerden. Die Lutealphase dient also dazu, den Körper wieder auf den nächsten Zyklus vorzubereiten. Dementsprechend rauscht der Östrogenspiegel in den Keller, während der Progesteronspiegel noch etwas ansteigt. Durch den stark und schnell fallenden Hormonspiegel kommt es in der Lutealphase bei vielen Frauen zu typischen prämenstruellen Beschwerden oder zum prämenstruellen Syndrom (PMS). Neben Schmerzen, Verdauungsstörungen, psychischen Verstimmungen oder Schlafstörungen, zeigt sich auch die Haut in dieser Phase von ihrer schlechten Seite. Warum? Zum einen fehlt der Haut in der Lutealphase das Östrogen, dass Du bereits als „Glow-Hormon“ kennengelernt hast. Es gibt jedoch noch einen weiteren Grund namens Testosteron. Testosteron ist im Hinblick auf die Haut mit eher negativen Wirkungen assoziiert. Es fördert die Talgproduktion und führt so zu fettigen Haaren, fettiger Haut und vermehrten Unreinheiten.
Wichtig: Testosteron spielt im Grunde keine Rolle im Menstruationszyklus und unterliegt keinen zyklischen Schwankungen, wie es bei Östrogen der Fall ist. In der Lutealphase passiert jedoch Folgendes: Östrogen wirkt normalerweise als Gegenspieler zu Testosteron und „dämpft“ dessen Wirkung auf die Haut. Wenn der Östrogenspiegel am Ende des Zyklus jedoch stark abfällt, gerät dieses Gleichgewicht auseinander. Während der Testosteronspiegel also weitestgehend konstant bleibt, fällt die ausgleichende Wirkung des Östrogens weg. Vor der Menstruation ist die Haut deshalb bei vielen Frauen fettiger und öliger als gewöhnlich und neigt zu Unreinheiten.
Sei sanft zu Deiner Haut! Unreinheiten und fettige Haut verleiten dazu, auf austrocknende Anti-Pickel-Produkte zurückzugreifen. Du erkennst diese daran, dass Alkohol am Anfang der Inhaltsstoffe steht. Verwende stattdessen lieber Produkte mit z.B. Salicylsäure oder Zink. Tabu: Pickel ausdrücken!
Östrogen ist ein weibliches Geschlechtshormon, das verschiedene vorteilhafte Wirkungen auf die Haut hat. Es fördert die Feuchtigkeitsaufnahme, Wasserbindung und Kollagenproduktion. Dadurch wirkt die Haut aufgepolstert, praller und strahlender. Es wirkt außerdem als Gegenspieler zu Testosteron, das vor allem die Talgproduktion und so die Entstehung von Unreinheiten fördert.
Testosteron ist für weniger wünschenswerte Effekte auf die Haut verantwortlich. Es regt die Talgdrüsenaktivität an und begünstigt auf diese Weise die Entstehung von Unreinheiten, Pickeln und Akne. Fettige(re) Haut und Haare sind ebenfalls Folge der vermehrten Talgproduktion. Der Testosteronschub in der männlichen Pubertät ist auch der Grund, weshalb Jungs als Teenager häufig an Akne leiden.
Wenn Du die bzw. eine Pille einnimmst, hast Du keinen natürlichen Menstruationszyklus. Durch die Pille werden Hormonschwankungen nämlich weitestgehend unterdrückt. Die oben beschriebenen Phasen des Menstruationszyklus können daher nicht ablaufen. Stattdessen werden nahezu gleichbleibende Hormonspiegel erzeugt. Deshalb wird die Pille beispielsweise auch zur Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS) verschrieben, das u. a. durch die Hormonschwankungen im Zyklus verursacht wird. Nichtsdestotrotz kannst Du auch während der Einnahme der Pille an hormonell bedingten Hautproblemen leiden. Denn: Pille ist nicht gleich Pille.
Die Wahl der Pille ist entscheidend: Heutzutage gibt es eine große Auswahl an Pillen, die unterschiedliche Hormone bzw. Hormonvarianten enthalten und deshalb unterschiedliche Wirkungen vermitteln. Es stimmt also, dass es unter bestimmten Pillen zu unreiner(er) Haut kommen kann. Auf der anderen Seite existieren jedoch Pillen, die das Gegenteil bewirken und sogar zur Behandlung von hormoneller Akne eingesetzt werden. Und zu guter Letzt sei natürlich gesagt: Jeder Körper ist und reagiert anders. So lassen sich auch die stark gespaltenen Meinungen zur Pille erklären.
Dass unsere Haut hormonellen Schwankungen unterliegt, ist wohl für die meisten keine große Neuigkeit. Doch auch abgesehen von fiesen Eiterpickeln vor der Periode oder der hormonellen Akne, beeinflussen Hormone unsere Haut. Wie steht es also um (chronische) Hauterkrankungen wie Neurodermitis (atopische Dermatitis) oder Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris)? Tatsächlich gibt es Beobachtungen, dass bei einigen Hauterkrankungen zyklusabhängige Veränderungen (meist Verschlechterungen) auftreten. Unter anderem bei Neurodermitis und Rosacea besteht eine Tendenz zur Verschlechterung vor der Menstruation, also in der prämenstruellen Phase. Während einer Schwangerschaft zeigen einige Hautkrankheiten, wie z.B. die Schuppenflechte wiederum eine Verbesserung. Dabei handelt es sich bei der Neurodermitis oder Schuppenflechte gar nicht um hormonelle Hauterkrankungen wie beispielsweise die hormonell bedingte Akne.
Du siehst: Unsere Hormone sind nicht zu unterschätzen …
Verfasst von Dr. Alice Martin
Dr. med. Alice Martin ist Hautärztin in Weiterbildung und Mitgründerin der Online-Hautarztpraxis dermanostic. Sie ist leidenschaftliche Vermittlerin für dermatologische Themen und deshalb bei dermanostic für die Patientenkommunikation zuständig.