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Leitlinien der Teledermatologie

Die Vorbereitung, Klassifizierung und Bedeutung der Richtlinien.

Leitlinien der Teledermatologie

Laura Siebertz  01.02.2022

Leitlinien spielen eine wichtige Rolle in der Medizin. Sie dienen dazu, Ärzten eine Empfehlung für die Versorgung von Patienten zu geben, um eine hohe Behandlungsqualität zu gewährleisten und um Versorgungsstrukturen fortlaufend zu optimieren.

Hierbei stellt die Vielzahl von Leitlinien von Fachverbänden verschiedener Länder und Institutionen Ärzte häufig vor ein Problem, da sie sich zwischen den unterschiedlichen Versionen entscheiden müssen. Diese Entscheidung müssen sie vor Patienten, die durch das Internet ebenfalls Zugang zu verschiedenen Leilinien haben, rechtfertigen. So sollten Leitlinien eher als Hilfestellung – nicht als Gesetz – betrachtet werden.

Das betrifft auch die Dermatologie und speziell teledermatologische Verfahren, welche die Behandlung des Bild-Text-Verfahrens über eine App oder Web-App bezeichnet.

Die Teledermatologie hat in den letzten Jahren zusehends an Popularität gewonnen und es gibt immer mehr Angebote und Apps für hautärztliche Behandlungsmöglichkeiten.

So ist es nicht verwunderlich, dass auch zu teledermatologischen Verfahren Ende 2020 eine 2k-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) veröffentlicht wurde (Registriernummer: 013-097). [1] Die Leitlinie wurde unter anderem vom BVDD (Berufsverband der Deutschen Dermatologen) und der DDG (Deutsche Dermatologische Gesellschaft) mitfinanziert.

Die Leitlinie der AWMF wurde von unserer Teledermatologin Dr. med. Estefanía Lang und dem Rheumatologen Ass. Professor Dr. med. Philipp Sewerin mit eigenen Erkenntnissen aus der klinischen Tätigkeit als fachärztliche Leitung bei der Online-Hautarztpraxis dermanostic bzw. als Oberarzt der Rheumatologie am Universitätsklinikum Düsseldorf ergänzt.

Die Vorbereitung einer Leitlinie

Oft ist nicht bekannt, wie aufwendig die Vorbereitung einer Leitlinie ist. So gehören zur Organisation der Abstimmung über die Leitlinie mehrstündige konstituierende Sitzungen, intensive Literaturrecherche, Evidenzanalysen und die Bemühung um eine Konsensfindung. Auch die Auswahl des Konsortiums, das über die Leitlinie abstimmt, ist hochkomplex, da es aus möglichst verschiedenen Interessengruppen zusammengesetzt sein soll.

Gerade in einem so jungen und aufstrebenden Feld wie der teledermatologischen Versorgung ist es entscheidend, dass ärztliche Vertreter mit verschiedenen Hintergründen Teil der Entscheidungsfindung sind, um ein möglichst aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen.

Gerade in einem so neuen und dynamischen Themenfeld wie der Teledermatologie könnte aktuell und bei einer zukünftigen Fassung dieser Leitlinie die Autorenzusammenstellung besondere Beachtung finden – dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, von der Expertise möglichst aller auf diesem Gebiet kundigen Kollegen/innen profitieren zu können.

Dr. med. Estefanía Lang

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Erstellung einer Leitlinie ist die Auswahl und Anzahl der Autoren. Diese sollten zum einen ausreichend stark und fachlich kompetent sein, um dem Thema der Leitlinie gerecht zu werden. Zum anderen sollte die Auswahl insoweit beschränkt werden, dass die Leitlinie effizient erstellt werden kann, ohne zu viele Betrachtungsweisen mit einzubeziehen, die die Leitlinie zu flüchtig erscheinen lassen

Wie werden Leitlinien klassifiziert?

Die Struktur von Leitlinien bzw. Handlungsempfehlungen wird durch die AWMF in verschiedene Klassen, sogenannte Stufen- oder S-Klassifikationen, eingeteilt. Diese jeweiligen Klassen stehen stellvertretend für die Methode der Leitlinien-Bestimmung. Die Leitlinie zur Teledermatologie ist mit der Klassifizierung S2k versehen. Das bedeutet, dass die Erstellung der Leitlinie hauptsächlich auf einer Konsensfindung basiert.

Die einzig höhere Stufe, die S3, zeichnet sich dadurch aus, dass sie repräsentativ ist. Dies kann nur durch die Miteinbeziehung aller relevanten Interessengruppen (Patienten, Fachgesellschaften, Organisationen) erfolgen. Gerade der Austausch mit Fachgesellschaften verwandter Fachgebiete könnte eine Diskussion über Teledermatologie bereichern. [2]

Jegliche Erfahrung und sämtlicher Kenntnisgewinn anderer Fachdisziplinen auf dem Gebiet der Telemedizin könnte auch für die Dermatologie hilfreich und von Nutzen sein und somit die Qualität der Leitlinie steigern.

Dr. med. Estefanía Lang

Wenn es zum Beispiel um das Thema Psoriasis (Schuppenflechte) geht, ist eine Beurteilung durch Vertreter der Rheumatologie oder der Inneren Medizin äußerst relevant. Die häufigste Form der Psoriasis ist die Psoriasis vulgaris. [3] Diese Erkrankung kann in manchen Fällen zu Psoriasis-Arthritis (Entzündung der Gelenke) oder zu einem metabolischen Syndrom (z.B. Diabetes oder Adipositas) führen. Die Beurteilung eines (Tele-)Rheumatologen oder Internisten zu der teledermatologischen Diagnostizierbarkeit wäre in diesem Fall also äußerst relevant.

Mittlerweile gibt es viele Studien im Feld teledermatologischer Verfahren. In den meisten wurde festgestellt, dass telemedizinische Anwendungen die Erstdiagnose in vielen Fällen, wie beispielsweise bei der Psoriasis, ersetzen kann. [4,5] Es gibt daher eine große wissenschaftliche Grundlage für die Implementierung moderner Verfahren.

Die Bedeutung der Leitlinie Teledermatologie

Die Leitlinie des AWMF ist ein guter und großer Schritt in die richtige Richtung. Sie betont die Relevanz der telemedizinischen Versorgung im Fach Dermatologie. Sie betont positive Effekte der Einbindung von Teledermatologie, zum Beispiel bei der Ergänzung der Behandlung beim niedergelassenen Dermatologen, da den Patienten so eine zeit- und ortsunabhängig medizinische Beratung ermöglicht wird.

Eine fortwährende Aktualisierung dieser Leitlinie ist aufgrund der sich ständig weiterentwickelnden Teledermatologie mit Sicherheit wichtig und nötig. Im Fachmagazin Kompass Dermatologie (2021, Ausgabe 9) führt Dr. med. Estefanía Lang in ihrem Artikel „Leitlinie Teledermatologie. Die Herausforderungen werden komplexer“[6] ihre Erkenntnisse weiter aus.

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*In diesem Text haben wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Hiermit möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir uns damit gleichermaßen auf männliche, weibliche und andere Geschlechteridentitäten beziehen.

Literatur und Einzelnachweise

  1. AWMF: S2k-Leitlinie. Teledermatologie (2020) | Abgerufen 26. Januar 2022 von www.awmf.org

  2. AWMF: AWMF-Regelwerk Leitlinien: Stufenklassifikation nach Systematik (Stand 2022) | Abgerufen 26. Januar 2022 von www.awmf.org

  3. Philipp, S. : Entzündliche Dermatosen. In: Sterry, W.: Kurzlehrbuch Dermatologie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG, 133. (2018)

  4. Armstrong, A. W. et al.: Effectiveness of online vs in-person care for adults with psoriasis: a randomized clinical trial. In: JAMA network open 1.6, e183062-e183062. (2018) | Abgerufen von jamanetwork.com

  5. Beer, J. et al. : Teledermatology: current indications and considerations for future use. In: Archives of Dermatological Research 313(1), 11-15 (2021) | Abgerufen von doi.org

  6. Lang, E. : Leitlinie Teledermatologie. Die Herausforderungen werden komplexer. In: Kompass Dermatologie 9, 152-162 (2021) | Abgerufen 26.01.2022 von www.karger.com

Laura Siebertz

Verfasst von Laura Siebertz

Laura Siebertz leitet die Presseabteilung von dermanostic und ist verantwortlich für die Fachredaktion der Rubrik Digital Health auf dem Unternehmensblog. Sie studierte Kultur- und Medienwissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und beschäftigt sich vor allem mit den Themen Health-Apps, ethischen Aspekten der Digitalisierung, Nutzerakzeptanz und Patientensicherheit.