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Digitales BGM in der hybriden Arbeitswelt

Chancen und Herausforderungen des digitalen betrieblichen Gesundheitsmanagements

Digitales BGM in der hybriden Arbeitswelt

Johanna Vogel  14.03.2022

Die Pandemie und die Gesundheit am Arbeitsplatz

Das Homeoffice ist ein Arbeitsmodell, das durch die Corona-Pandemie besonders große Beachtung gefunden hat. Nach einer im zweiten Quartal 2020 vom ifo-Institut durchgeführten Befragung haben bereits vor der Corona-Krise um die 40 Prozent der Belegschaften im Homeoffice gearbeitet. Während der Pandemie hat sich dieser Anteil auf rund 60 Prozent gesteigert. [1]

Auch über die Pandemie hinaus kündigen viele Arbeitgeber an, Homeoffice-Möglichkeiten (zumindest zum Teil) beizubehalten. Die Konsequenz sind hybride Arbeitsmodelle, bei der abwechselnd entweder von Zuhause aus oder im Büro gearbeitet werden kann. Diese neue hybride Arbeitswelt bedeutet sowohl für Arbeitgeber als auch für Mitarbeitende eine Umstellung. Gerade die Gesundheitsvorsorge in Form von BGM, dem betrieblichen Gesundheitsmanagement, steht vor neuen Herausforderungen. Diese kennt auch Paul Schepers, BGM-Experte und Chief Product Officer des Kölner Gesundheitsnetzwerks potpuri:

Die Pandemie hat unseren Alltag eingeschränkt und hatte negative Auswirkungen auf unsere Bewegungsgewohnheiten. Durch das Arbeiten im Homeoffice bewegen sich viele Menschen weniger. Und auch die Schließung von Fitness- und Freizeiteinrichtungen hat den Bewegungsmangel verstärkt. In der aktuellen Situation, die eine große Herausforderung ist, sind Sport und Bewegung enorm wichtig. Denn Bewegung hält nicht nur unseren Körper fit, sondern wirkt sich auch positiv auf unsere Psyche aus.

Paul Schepers

Ein möglicher Lösungsansatz ist eine Umstellung der Unternehmen auf ein BGM mit digitalen Maßnahmen. Was das genau ist, welche Chancen und Risiken ein digitales BGM mit sich bringt, erfahren Sie hier. 

Was genau ist BGM?

Unter Betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) werden alle gesundheitsfördernden Maßnahmen eines Unternehmens verstanden, die das Ziel haben, die Gesundheit der Mitarbeitenden dauerhaft zu erhalten oder zu verbessern. [2] Konkret bedeutet das, dass Arbeitgebende präventive Maßnahmen für ihre Angestellten in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Stress und Sucht zur Verfügung stellen. Beispiele für solche gesundheitsfördernden Maßnahmen sind zum Beispiel Sportkurse oder eine zusätzliche medizinische Betreuung, zum Beispiel durch einen Betriebsarzt.

Durch solche betrieblichen Angebote sollen Fehltage (auch Absentismus genannt) gesenkt und die Produktivität der Mitarbeitenden erhöht werden. [6] 

Digitales BGM – Was ist das?

Digitales BGM (auch Online-BGM, webbasiertes BGM oder BGM 4.0 genannt) ermöglicht die Übertragung von vorhandenen oder neu erfassten BGM-Daten in ein digitales Format. Dabei gehören zu einem digitalen BGM sowohl Informationssysteme und Plattformen (z.B. das Intranet), als auch Softwarelösungen, Apps und Datenerfassungssysteme (z.B. Fitness-Tracker). Durch Tools und Medien wie Smartphones, Tablets und tragbare Sensoren (Wearables) werden dabei viele innovative Möglichkeiten eröffnet. [3,4,6]

Häufig sind in den digitalen betrieblichen Gesundheitsangeboten Wettbewerbs- und Gamification-Elemente enthalten. Ebenfalls beliebt sind auf einer Plattform dargestellte herkömmliche analoge Angebote, durch die den Angestellten eine bessere Übersicht über die verschiedenen Maßnahmen gegeben wird. Noch größer ist diese diverse Auswahl, wenn die Gesundheitsplattform teil eines BGM-Netzwerkes ist. Diese Netzwerke bieten auch kleineren Unternehmen die Möglichkeit ihren Mitarbeitenden ein vielfältiges Gesundheitsangebot machen zu können.

BGM-Netzwerke schaffen ein vielfältiges Angebot, das die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Mitarbeitenden bedienen kann – quasi ein BGM-Amazon für gesundheitsbewusste Berufstätige. Jeder Mitarbeitende findet so die für seine persönliche Arbeitssituation passenden Angebote: Haut und Bewegung oder psychische Gesundheit und Entspannung…

Paul Schepers

Auch das Integrieren von Wearables oder telemedizinischen Anwendungen erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Darüber hinaus gibt es mittlerweile erste Konzepte, die KI (künstliche Intelligenz) einsetzen, um zu ermitteln, welches Angebot für welchen Mitarbeitenden am ansprechendsten ist. [6]

Chancen von digitalem BGM

Digitale Anwendungen haben den entscheidenden Vorteil der zeitlichen und örtlichen Unabhängigkeit. Mitarbeitende haben mit digitalen Tools die Möglichkeit, Gesundheitsangebote flexibel zu nutzen, wann und wo sie wollen.

Auch ist es im digitalen Raum einfacher mehrsprachige Optionen anzubieten, durch die auch Mitarbeitende, die andere Sprachen sprechen, von den Gesundheitsmaßnahmen profitieren können. Digitale Lösungen haben außerdem ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und können vom Nutzenden anonym verwendet werden.

Darüber hinaus sind digitale Tools eine Möglichkeit neue Zielgruppen zu erschließen: junge und/oder weniger gesundheitsaffine Beschäftigte können mit digitalen Anwendungen spielerisch für das Thema Gesundheit sensibilisiert werden. Ein großer Vorteil ist dabei die Möglichkeit, berufliche und private Gesundheitsinteressen der Mitarbeitenden miteinander zu kombinieren. Diese Kombination birgt das Potenzial, die Angestellten zu motivieren und so ihre Gesundheit nachhaltig und dauerhaft positiv zu beeinflussen und kann nebenbei die Attraktivität des Arbeitsplatzes steigern. [4,5,6]

Herausforderungen von digitalem BGM

Neben all den Vorteilen gibt es natürlich auch die ein oder andere Herausforderung, die entsprechende Angebote mit sich bringen. Eine Herausforderung der Verwendung digitaler Tools ist die mögliche Überforderung der Mitarbeitenden mit der Technik und mit dem Umgang mit Gesundheitsdaten. Eine gute Aufklärung und regelmäßige Schulungen könnten diesem Problem vorbeugen. [4]

Die Kombination von privater und beruflicher Gesundheitsvorsorge birgt das Risiko der Vermischung von Arbeit und Privatem. Darüber hinaus wird die Einhaltung des Datenschutzes als potenzielles Risiko betrachtet. [5] Daher ist eine systematische Qualitätskontrolle von digitalen Anwendungen erforderlich, sodass es Arbeitgebenden möglich ist, zwischen professionellen und weniger professionellen Angeboten zu unterscheiden. Bei unternehmensexternen Gesundheits-Plattformen existiert so ein Qualitätssicherungssystem bereits. [4]

Hybride Arbeitswelt – Ist digitales BGM die Lösung?

Digitales BGM scheint gerade für Unternehmen mit hybriden Arbeitsmodellen ein interessanter Ansatz zu sein. Aber ist ein rein digitales Angebot wirklich „die“ Lösung in der hybriden Arbeitswelt?

Rein digitale BGM werden meist bei Remote-Arbeitsplätzen eingesetzt. Diese allein digitalen Angebote bestehen meist aus Apps, Blogs, Videos und Webinaren. Sie bieten ausschließlich virtuell Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich betriebsgestützt um ihre Gesundheit zu kümmern.

Hybride Arbeitssituation - Die neue Normalität des “Hybriden Arbeiten” hat viele Vorteile für Mitarbeitende: ein kurzer Arbeitsweg, die Möglichkeit kleine Erledigungen in den Arbeitsalltag einzubauen, einen Dauerlauf in der Mittagspause einlegen zu können und Flexibilität im familiären Alltag. Unternehmen müssen darauf reagieren, indem sie attraktive Angebote für ihre Mitarbeitenden schaffen, die diese “mobil” nutzen können.

Paul Schepers

Analoge BGM-Angebote haben allerdings auch Vorteile, weswegen viele Unternehmen ihren hybrid-arbeitenden Mitarbeitenden hybride Modelle für gesundheitliche Achtsamkeit anbieten.

Hybride Angebote bestehen aus einer Mischung von digitalen und analogen Angeboten. Zum Beispiel können digitale Informationen zu einem Themenblock wie mentale Gesundheit, durch Präsenztermine ergänzt werden. Auch ist ein telemedizinisches Beratungsangebot (z.B. über eine Hautarzt-App) als Ergänzung zu Vor-Ort-Maßnahmen oft sehr sinnvoll. [7]

Abschließend lässt sich sagen, dass die Ergänzung analoger BGM-Maßnahmen durch digitale Angebote eine Bereicherung darstellen würde – sowohl für den Arbeitgebenden als auch für den Arbeitnehmenden.

Literatur und Einzelnachweise

  1. Statista: Corona-Krise: Anteil der Belegschaft, der im Homeoffice arbeitete, aktuell arbeitet oder theoretisch arbeiten könnte in Deutschland im 2. Quartal 2020. (2022) | Abgerufen von de.statista.com

  2. Pfaff, H., Zeike, S.: Betriebliches Gesundheitsmanagement: Definition, Ziele, Maßnahmen. In: Ebd.: Controlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Springer Gabler: Wiesbaden, 3-39. (2019) | Abgerufen von doi.org

  3. Haufe: Trendthema: Digitales BGM. (2018) | Abgerufen von www.haufe.de

  4. Hanke, J., Walter, U., Mess, F. : Technologieorientierte Entwicklungen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (digitales BGM). (2018) | Abgerufen von www.researchgate.net

  5. Winter, R., Riedl, R.: Chancen und Herausforderungen eines digitalen betrieblichen Gesundheitsmanagements. Prävention und Gesundheitsförderung 17, 7–12. (2022) | Abgerufen von doi.org

  6. Nürnberg V.: Definition Digitales BGM. In: Matusiewicz D., Kusch C. (Hrsg.): Digital Health Lexikon, Health&Care Management. (2020) | Abgerufen von www.hcm-magazin.de

  7. Theodossiou, M.: BGM zwischen Home und Office – So wird die Krise zur Chance. In: HR Journal. Online. (2021) | Abgerufen von www.hrjournal.de

Johanna Vogel

Verfasst von Johanna Vogel

Johanna Vogel studiert im Master Kommunikationswissenschaft und Germanistik an der Universität Duisburg-Essen. Bei dermanostic arbeitet sie in den Bereichen Presse und Kommunikation. Sie beschäftigt sich vor allem mit den Themen Digitalisierung, eHealth und asynchroner Kommunikation und deren Bedeutung für Arzt und Patienten.