Magazin

Unternehmerin und Expertin für Innovationen im Bereich Gesundheitswesen

TUEV Logo

Laura Siebertz 03.03.2022

Inga Bergen ist ein bekanntes Gesicht und bedeutende Mitgestalterin im Bereich Digital Health im deutschen Gesundheitswesen. Sie sieht die Digitalisierung als Chance, Veränderungen im eingefahrenen Gesundheitswesen vorzunehmen. Sie möchte grundlegende Themen, wie den menschlichen Faktor, stärken und die Arzt-Patientenbeziehung neu denken, als auch die Daten zur Früherkennung von Krankheiten nutzen. Ihr Ziel ist es, Digital Health in die Praxis zu bringen und Menschen von dessen Mehrwert zu überzeugen. Wir haben die Expertin für Innovationen befragt, woher ihr Interesse am digitalen Gesundheitswesen kommt, wie sie den Status Quo einschätzt und wie wir die Zukunft gestalten können.

Wann und wie wurde Ihr Interesse an der Gesundheitsbranche geweckt?

Ich war Beraterin bei der Digital & Innovationsberatung FJORD und beschäftigte mich damit, was Digitalisierung für Gesundheit und das Gesundheitswesen bedeuten könnte. Ich fand das Thema damals wahnsinnig spannend, weil Digitalisierung soviel besser und einfacher machen kann. Daten können wortwörtlich Leben retten. Außerdem bedeutet sie die Chance, auch ganz grundlegende Themen neu zu denken, wie z.B. den Wert der Arzt-Patientenbeziehung.  So ergriff ich die Chance, mit welldoo ein Digital Health Unternehmen aufzubauen und mit die ersten Digital Health Anwendungen zu entwickeln, die es in Deutschland gab. Bis heute hat mich das Thema nicht los gelassen & ich berate viele Unternehmen mit meiner langjährigen Expertise.

Lassen Sie uns einen Blick auf den aktuellen Stand von Digital Health in Deutschland werfen. Was denken Sie, wo stehen wir und warum?

Die Weichen sind gestellt, Gesetze und Verordnungen ermöglichen die Nutzung von Digital Health, es gibt viele neue Anbieter auf dem Markt und immer mehr Finanzierungsmöglichkeiten und auch Risikokapital für Innovationen im Gesundheitswesen. Jetzt geht es darum, Digital Health in die Praxis zu bringen und Menschen vom Mehrwert zu überzeugen. Hier wird sich die Spreu vom Weizen trennen und es werden nur die Lösungen bestehen, die echten Mehrwert bringen – nicht nur wissenschaftlich nachgewiesen, sondern auch in der Einfachheit der Anwendung und in der Fähigkeit, Vertrauen und damit auch eine Marke aufzubauen.

Inwiefern muss sich das regulatorische Umfeld in Deutschland ändern, um digitale Gesundheitsanwendungen zu fördern?

Das deutsche Gesundheitswesen ist sehr komplex & die Beharrungskräfte in den Organisationen z.B. der Selbstverwaltung sind nicht zu unterschätzen. Ich denke, dass wir mehr Geschwindigkeit brauchen, damit Innovationen auch zu den Patienten und Patientinnen kommen, und mehr Freiheit seitens des medizinischen Fachpersonals bei der Auswahl möglicher diagnostischer oder therapeutischer Ansätze – heute sind innovative Ansätze oft nur schwer zugänglich, insbesondere für gesetzlich Versicherte. Ich hoffe zudem, dass wir durch Digitalisierung zu einer grundsätzlichen Neuausrichtung des Gesundheitswesens kommen- das Prävention und Ergebnis in den Vordergrund stellt und nicht ausschließlich „Reparatur“ vergütet.

Wie können wir Patienten und Menschen stärker in den Mittelpunkt des Gesundheitssystems rücken?

Das ist nicht einfach, denn um „Menschen“ in den Mittelpunkt zu rücken, müssen wir komplett umdenken. Heute teilen wir den Menschen in seine Bestandteile und ordnen diese Fachrichtungen zu. Der Mensch als Ganzes findet kaum statt. Aber es gibt erste Versorger, Versicherer und Pharmaunternehmen, die anhand einer Patient Journey versuchen, zu verstehen, wie sie z.B. Patienten und Patientinnen am Besten helfen können. Ich denke, dass es hilft, dass Gesundheit ein Megatrend ist und diese zunehmend als Kunden und Kundinnen wahr genommen werden. Diese Entwicklung wird hoffentlich dazu führen, auf die individuellen Bedürfnisse stärker Bezug zu nehmen – und z.B. Patienten und Patientinnen zu segmentieren – und so auf die Lebensrealität Bezug zu nehmen – und dann verfügbare Daten z.B. aus der digitalen Patientenakte zu nutzen, um ein ganzheitliches Bild der Patienten und Patientinnen Gesundheit zu erhalten.

Wenn Sie sich die Zukunft vorstellen, was glauben Sie, was in 5 Jahren Ihre meistgenutzte digitale Gesundheitslösung sein wird?

Wir haben noch einen langen Weg vor uns, denn Menschen ändern ihre Gewohnheiten nur unter Druck schnell – ich gehe davon aus, dass Telemedizin und Health Companions, die verhaltenstherapeutische Ansätze nutzen, in 5 Jahren absoluter Standard sein werden.

Laura Siebertz

Verfasst von Laura Siebertz

Laura Siebertz leitet die Presseabteilung von dermanostic und ist verantwortlich für die Fachredaktion der Rubrik Digital Health auf dem Unternehmensblog. Sie studierte Kultur- und Medienwissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und beschäftigt sich vor allem mit den Themen Health-Apps, ethischen Aspekten der Digitalisierung, Nutzerakzeptanz und Patientensicherheit.