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Das eRezept in der Apotheke – Chance oder Herausforderung?

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Laura Siebertz 24.03.2022

Durch das elektronische Rezept (eRezept) soll das Ausstellen und das Einlösen von Rezepten digitalisiert werden. Das eRezept spielt eine wichtige Rolle innerhalb des digitalen Wandels der Gesundheitsbranche und bedeutet eine große Umstellung – sowohl in der Arztpraxis als auch in der Apotheke. Doch was bedeutet die Einführung des elektronischen Rezepts für die „klassische Apotheke“? Diese Frage beantwortete uns Jan Reuter, Inhaber der Central-Apotheke Walldürn und Experte für Gesundheit und Pharmazie.

Wer wird von dem elektronischen Rezept besonders profitieren?

Der Patient wird hoffentlich am meisten vom eRezept profitieren. Er spart sich mindestens einen Weg. Die Arzneimittelsicherheit (fortwährende und systematische Überwachung der Sicherheit von Arzneimitteln, Anm. d. Red.) wird sich signifikant erhöhen, weil beim Einlösen des Rezeptes der Medikationsplan aufpoppt und die Apotheke, die sich wirklich kümmert, hier einen Medikationscheck macht. Das wird tausende von Klinikeinweisungen, die durch Wechselwirkungen zustande kommen, verhindern.

Für die Apotheke kommen durch das eRezept einige Erleichterungen: Es wird weniger Retaxationen (Verweigerung der Zuschläge/Erstattung eines bereits abgegeben Arzneimittels durch die Krankenkasse, Anm. d. Red.) geben, weniger gefälschte Rezepte, die Rezeptdaten sind sofort und ohne Eingabefehler im System und die PTA oder Apotheker*in kann sich viel besser um den Kunden kümmern.

Werden die ortsansässigen Apotheken noch mehr in Konkurrenz zu Online-Apotheken stehen und die stationäre Apotheke verdrängen?

Der Patient hat mit dem eRezept die Möglichkeit, seine Bestellung sofort und mit einem Klick bei der von ihm gewünschten Apotheke auszulösen. Hierdurch wird der Wettbewerb weiter steigen. Da im GKV-Bereich keine Rabatte auf RX (verschreibungspflichtige Medikamente, Anm. d. Red.) möglich sind, kommt es hier vor allem auf die Schnelligkeit und die Convenience an. Vor-Ort-Apotheken, die hier schneller und persönlicher als der Versand sind, werden hiervon massiv profitieren. Diejenigen, die es nicht gut und schnell bedienen, werden vom Markt verschwinden. Die Apothekenzahl wird sinken und die Online-Händler werden massiv profitieren, wenn es ihnen gelingt, auch das RX-Sortiment der Endkunden immer mehr zu bedienen.

Siehst du durch das eRezept die Möglichkeit, dass die Telemedizin vorangetrieben wird?

Bei dermanostic sehe ich ja, dass das wunderbar miteinander einhergeht. Viele Patienten haben keine Lust auf lange Wartezeiten und wollen schnell einen Termin, eine Diagnose und eine Lösung für ihr Problem. Ich selbst biete als Apotheker schon seit 2009 eine Online-Sprechstunde an und die Kunden machen hiervon sehr regen Gebrauch. Das eRezept wird ein Katapult für die Telemedizin sein.

Wie können Menschen abgeholt werden, die digital nicht affin sind, wie ältere Menschen?

Die weniger digital affinen Menschen werden sich den QR-Code ausdrucken lassen und wie gewohnt zur Apotheke vor Ort gehen. Sobald genau diese Patientengruppe entdeckt, wie einfach es eben doch ist, wird sie sich schnell auf das eRezept einstellen. Wir sehen jetzt schon, wie viele mit Hilfe ihrer Familie den Switch hinbekommen.

Welche Vorbereitung müssen Apotheken leisten, um das eRezept zu implementieren, ist das wirklich „so schwer“?

Es geht alles nicht von heute auf morgen - der eHBA muss beantragt werden die SMC-B Karte etc. – all das sollte man möglichst frühzeitig machen. Theoretisch ist es leicht, in der Praxis war ich dann doch froh hier Unterstützung von meinem Anbieter bekommen zu haben.

Ist es gerechtfertigt, dass der Patient sich Sorgen um seine Daten macht?

Er solle sich eher Sorgen um seine Daten machen, wenn er die Rezepte vom Arzt via Fax an die Apotheke versenden lässt oder WhatsApp verwendet. Seine Daten sind mit dem eRezept sogar sicherer, und zwar deutlich.

Laura Siebertz

Verfasst von Laura Siebertz

Laura Siebertz leitet die Presseabteilung von dermanostic und ist verantwortlich für die Fachredaktion der Rubrik Digital Health auf dem Unternehmensblog. Sie studierte Kultur- und Medienwissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und beschäftigt sich vor allem mit den Themen Health-Apps, ethischen Aspekten der Digitalisierung, Nutzerakzeptanz und Patientensicherheit.