Warum wir über Hämorrhoiden reden müssen
Lisa Henkel 15.12.2022
Hämorrhoiden – 70 % aller Menschen machen im Laufe ihres Lebens die Erfahrung mit den unangenehmen Beschwerden im Analbereich. Für viele bedeutet das ein Leidensweg voller Scham. Deshalb gilt: Wer das Schweigen bricht, wird belohnt. Hämorrhoiden lassen sich nämlich gut und effektiv behandeln.
Wenn im Volksmund von Hämorrhoiden gesprochen wird, ist meist das Hämorrhoidalleiden gemeint. Denn Hämorrhoiden hat jeder Mensch. Es handelt sich dabei um die Bezeichnung für ein Gefäßpolster im Analbereich, das für eine gesunde Stuhlentleerung und die Kontinenz wichtig ist. Es trägt zum Verschluss des Enddarmes bei. Erst wenn Beschwerden im Zusammenhang mit den Hämorrhoiden auftreten, meist verursacht durch eine Erweiterung der Gefäße, handelt es sich definitionsgemäß um Hämorrhoidalleiden, die umgangssprachlichen „Hämorrhoiden“ (in diesem Artikel fortführend so bezeichnet). Schätzungsweise 70 % aller Menschen sind einmal im Leben von Hämorrhoiden betroffen. Es handelt sich überwiegend um Erwachsene zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Zum Arzt oder zu einer Ärztin gehen die wenigsten – aus Scham. Dabei ist eine Abklärung ratsam, sofern die Beschwerden nicht nach kürzester Zeit von selbst verschwinden. Blut im Stuhl ist nämlich gleichermaßen eines der möglichen Frühzeichen für Darmkrebs und erfordert daher ausnahmslos immer eine ärztliche Untersuchung. Wenn es sich um Hämorrhoiden handelt, handelt es sich in vielen Fällen um eine schnell gestellte Blickdiagnose.
Die häufigste Erscheinung bei Hämorrhoiden sind Blutungen, die sich durch hellrotes bzw. frisches Blut im Stuhl oder am After äußern. Diese fällt Betroffenen typischerweise bei dem Toilettengang am Toilettenpapier auf. Auch schleimiger Ausfluss oder schmieriger Stuhl sind möglich, wenn durch die Hämorrhoiden keine vollständige Kontinenz mehr möglich ist. Bei unbehandelten, andauernden Hämorrhoiden können sich daher mit der Zeit ausgeprägte Stuhlentleerungsstörungen entwickeln. Neben Blutungen sind Juckreiz, Nässen und Brennen weitere übliche Beschwerden. Auch Schmerzen gehören zu den klassischen Symptomen bei mittelschweren bis schweren Hämorrhoiden.
Es gibt nicht die eine Ursache für Hämorrhoiden. Stattdessen wird ein Zusammenspiel verschiedener Risikofaktoren vermutet. Es wird einerseits eine genetische, also familiäre Veranlagung angenommen. Ein deutlich erhöhtes Risiko besteht außerdem bei Verdauungsstörungen, speziell chronischer Verstopfung (häufiges, langes und starkes Pressen). Auch ein erhöhter BMI (Übergewicht), mangelnde Bewegung und ungesunde Ernährung (mit wenig Ballaststoffen) sind mit einem gehäuften Auftreten von Hämorrhoiden assoziiert. Eine Beckenbodenschwäche, z.B. während oder nach einer Schwangerschaft oder Geburt, kann ebenfalls eine Ursache darstellen.
Hämorrhoiden sind nicht gefährlich oder lebensbedrohlich, dennoch können sie großes Leid verursachen. Wichtig ist jedoch, dass anale Beschwerden ärztlich abgeklärt werden. Hinter Blutungen, Juckreiz & Co. können nämlich auch andere Erkrankungen stecken. Werden Hämorrhoiden jahrelang verheimlicht, kann sich also im schlimmsten Fall eine ernsthafte Krankheit entwickeln. Die größte Angst: Darmkrebs. Blut im Stuhl ist daher immer ein Anlass für eine ärztliche Untersuchung.
Es werden 4 Schweregrade von Hämorrhoiden unterschieden. Neben der Erstdiagnose ist die Bestimmung des Stadiums durch eine ärztliche Untersuchung entscheidend für die Wahl der geeigneten Therapie. Die meisten Betroffenen leiden an Hämorrhoiden Grad I oder II, unbehandelt kommt es mit der Zeit jedoch zu einem Voranschreiten des Hämorrhoidalleidens und zunehmenden Beschwerden.
Grad I: Hämorrhoiden von Grad I sind äußerlich nicht sichtbar. Sie können bei einer körperlichen (proktoskopischen) Untersuchung des Afters und Enddarms festgestellt werden.
Grad II: Bei Hämorrhoiden von Grad II kommt es zu einem Austritt (Prolaps) der Hämorrhoiden während der Stuhlentleerung (beim Pressen). Nach der Stuhlentleerung ziehen sich die Hämorrhoiden von alleine wieder zurück.
Grad III: Hämorrhoiden von Grad III prolabieren bei der Stuhlentleerung und müssen mit dem Finger (manuell) wieder zurückgeschoben werden.
Grad IV: Die Hämorrhoiden von Grad IV sind dauerhaft prolabiert und verursachen auf diese Weise meist starke Schmerzen. Sie lassen sich nicht mehr manuell zurückschieben.
Zur schnellen Linderung von Schmerzen, Juckreiz und Brennen kommen Analzäpfchen/Analtampons und Cremes oder Salben zum Einsatz. Diese enthalten sanft betäubende Wirkstoffe, z.B. Lidocain oder entzündungshemmende Glukokortikoide („Kortison“), die zu einer vorübergehenden Abschwellung führen können. Es handelt sich hierbei lediglich um eine symptomatische Behandlung. Eine endgültige Behandlung der Hämorrhoiden ist mit diesen Mitteln nicht möglich.
Je nach Ausprägung bzw. Grad der Hämorrhoiden (Grad 1–4) kommen verschiedene Behandlungsmethoden infrage, darunter:
Bei dieser Behandlungsmethode für Hämorrhoiden von Grad I oder II wird ein Verödungsmittel, Polidocanol, in die Schleimhaut der Hämorrhoidalknoten gespritzt. Es sind in der Regel mindestens 3, durchschnittlich 6–10 Sitzungen erforderlich. Die Behandlung ist schnell und weitgehend schmerzlos.
Die Gummibandligatur wird überwiegend bei Hämorrhoiden von Grad II durchgeführt. Hierbei werden die erweiterten Hämorrhoiden bzw. Hämorrhoidalknoten abgeschnürt, sodass deren Blutversorgung unterbrochen wird. Dadurch kommt es nach einigen Tagen zu einem Versterben und Abfallen des Gewebes. Es sind mehrere Sitzungen notwendig.
Bei schweren Hämorrhoiden Grad III oder IV kann ein operativer Eingriff die einzige erfolgversprechende Behandlungsmethode darstellen. Die Operation wird meist stationär im Krankenhaus durchgeführt und geht mit den allgemeinen Operationsrisiken einher.
Wichtig: Stuhlregulierung ist das A und O – auch nach einer abgeschlossenen Therapie. Nur so lassen sich Rezidive, also ein Wiederauftreten der Hämorrhoiden, und die Entstehung erneuter Hämorrhoiden vermeiden.
Verfasst von Lisa Henkel