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Was tun bei Bisswunden?

Was tun bei Bisswunden?

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Lisa Henkel 17.01.2023

Wenn es beim Spielen mit unseren vierbeinigen Freunden wild zur Sache geht, können Pfoten, Krallen oder Zähne leicht Spuren hinterlassen. Insbesondere bei schwereren Verletzungen mit Kratz- oder Bisswunden wird es schnell ernst. Denn was viele nicht ahnen: Bisswunden gehören zu den gefährlichsten Verletzungen! Das musst Du wissen.

Der Schein trügt: Warum Bissverletzungen so gefährlich sind …

Schwer blutende, große und tiefe Bissverletzungen sind ein sofortiger Fall für einen Arzt bzw. eine Ärztin oder die Notaufnahme – keine Frage. Doch wie verhält es sich mit kleinen oder oberflächlichen Bissverletzungen, die augenscheinlich harmlos aussehen? Alle Achtung, es kann mehr dahinter stecken als es scheint. Denn die große und unterschätzte Gefahr von Bissverletzungen geht darauf zurück, dass sie in vielen Fällen weitaus harmloser erscheinen als sie sind. Tierzähne, speziell lange, spitze Katzenzähne, können sich bei einer Bissverletzung tief in die Haut bohren und zu Schäden von Muskeln, Sehnen, Blutgefäßen oder sogar Knochen führen. Und bei alldem kann die äußerlich sichtbare Verletzung der Haut minimal sein. Bisswunden bergen allerdings noch weitere Risiken. Bissverletzungen jeglicher Art gehen nämlich mit einem hohen Infektionsrisiko einher und sind daher keinesfalls vergleichbar mit anderen Wunden, z.B. Schürfwunden. Grund dafür sind die zahlreichen Bakterien, die natürlicherweise in der Mundflora von Tieren vorkommen und bei einem Biss in die Wunde gelangen können. Gefährliche Bisswunden werden dabei keinesfalls nur durch kranke oder Wildtiere verursacht. Gesunde und gut gepflegte (Haus-)Tiere können gleichermaßen für Entzündungen verantwortlich sein. Tatsächlich spielen Entzündungen, verursacht durch Erreger aus dem Mundraum und Speichel, z.B. Pasteurella, bei den häufigsten Bissverletzungen sogar eine weitaus größere Rolle als die gefürchtete Tollwut. Nichtsdestotrotz ist die Abklärung des Tetanus- und Tollwutrisikos ein fester Bestandteil der ärztlichen Beurteilung und Untersuchung einer Bisswunde. Der richtige Umgang mit Bisswunden ist entscheidend, um die erfolgreiche Heilung zu gewährleisten und Entzündungen und (Folge-)Schäden zu verhindern.

Die wichtigsten Fakten über Tierbissverletzungen

  • Kinder erleiden häufiger Bissverletzungen als Erwachsene.
  • In Deutschland werden 30.000-50.000 Bissverletzungen pro Jahr gezählt.
  • Die meisten, ca. 60-80 % aller Bisswunden werden durch Hunde verursacht. Bei ca. 90 % der Hundebisse handelt es sich um den eigenen oder einen bekannten Hund.
  • 20-30 % aller Bisswunden werden durch Katzen verursacht.
  • Bei Kindern treten Bissverletzungen am häufigsten im Kopf-Hals-Bereich auf, bei Erwachsenen an Armen und Beinen.
  • Das Entzündungsrisiko einer Bisswunde liegt bei ca. 10-20 %.

So geht’s: Erste Hilfe bei Bisswunden

Beim Spielen mit Hund, Katze, Meerschweinchen & Co. ist es passiert: Was ist zu tun bei einer Bisswunde? Jede Bisswunde sollte sanft, aber gründlich mit Wasser oder falls vorhanden Seife gereinigt werden. Ist die Reinigung nicht oder nur erschwert möglich, weil es sich beispielsweise um eine tiefe und/oder stark blutende Wunde handelt oder Hautfetzen im Weg sind, sollte sofort ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden. Nach der Reinigung sollte die Wunde bis zum Arztbesuch sauber verbunden werden, um das Eindringen von Dreck oder Erregern zu verhindern.

Wichtig: Trotz bzw. nach den Erste-Hilfe-Maßnahmen und der Primärversorgung sollte jede Bissverletzung sollte schnellstmöglich einem Arzt oder einer Ärztin vorgestellt werden. Eine ärztliche Untersuchung und Beurteilung ist zwingend erforderlich.

Bloß nicht zögern, ein besonders Risiko besteht bei …

  • Katzenbissen
  • Hand- und Fußverletzungen
  • Verletzungen im Gesicht
  • Verletzungen von Gelenken, Sehnen oder Knochen
  • Vorerkrankungen wie Immunschwäche, Diabetes mellitus, HIV, …
  • Kindern < 2 Jahren

So läuft’s ab: Medizinische Behandlung von Bisswunden

Im ersten Schritt wird der Arzt oder die Ärztin die Bisswunde gründlich reinigen und desinfizieren und dabei das Ausmaß der Verletzung untersuchen. Die Untersuchung der Wunde kann neben der Inspektion auch eine Blutabnahme oder die Durchführung von Wundabstrichen umfassen. Das weitere Vorgehen ist von der Größe, Tiefe und Lokalisation der Wunde, von dem verursachenden Tier und von patient*innenspezifischen Eigenschaften abhängig. Einige Wunden sind mit einem Verband ausreichend versorgt oder bedürfen lediglich einer kleinen Naht. Bei anderen Wunden kann neben der körperlichen Untersuchung auch eine Bildgebung (z.B. MRT) notwendig sein, wenn nur so potenzielle Schäden im Gewebe, an Nerven oder Sehnen sicher beurteilt werden können. Speziell bei Verletzungen der Hand, wie sie beim Spielen mit Katzen durch deren spitze Zähne entstehen können, sind Schäden der Fingersehnen nicht selten. Dann ist in der Regel ein chirurgischer Eingriff erforderlich, damit keine Bewegungseinschränkungen verbleiben. Auch Wunden im Gesicht stellen eine Herausforderung dar. Von großer Bedeutung ist bei allen Arten von Tierbissen die Prävention von Entzündungen. Bei hohem Infektionsrisiko wird daher manchmal ein vorsorgliches Antibiotikum verschrieben, sodass es gar nicht erst zu einer Entzündung kommt. Infektionen von Tierbissen können sich je nach Erreger besonders rasch entwickeln und fortzuschreiten. Deshalb sollte bzw. wird eine Bissverletzung auch nach der akuten Versorgung und Behandlung bis zur vollständigen Heilung weiterhin beobachtet. Typische Hinweise auf eine (beginnende) Entzündung sind Rötungen, Schwellungen oder ein Wärmegefühl im Wundbereich. Fieber und Schüttelfrost sind bereits Zeichen einer schweren Entzündung oder gar Blutvergiftung (Sepsis), die im Krankenhaus behandelt werden muss.

Die 2 T’s bei Tierbissen: Tetanus und Tollwut

Bei der ärztlichen Untersuchung einer Bissverletzung werden die Tierart, der Zustand des Tieres (Gesundheitszustand, Impfstatus) und der Impfstatus der verletzten Person erfragt. Mit diesen Informationen kann sowohl das Risiko einer Wundinfektion als auch die Gefahr einer bei oder durch den Biss übertragenen Erkrankung abgeschätzt werden.

Tetanus (Wundstarrkrampf)

Tetanus, auch als Wundstarrkrampf bekannt, ist den meisten ein Begriff. Es handelt sich um ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, das durch eine Infektion mit dem Bakterium Clotridium tetani hervorgerufen wird. Clotridium tetani ist in unserer Umwelt weit verbreitet und kann über viele Wege (Holzsplitter, Erde, Nägel, Dornen, …) bei einer Verletzung in den Körper gelangen. Tetanus ist daher bei Verletzungen aller Art relevant, nicht nur bei Bissverletzungen. Die Impfung gegen Tetanus bietet einen sicheren Schutz vor der Erkrankung und ist sicher und gut verträglich. Es handelt sich bei der Tetanus-Impfung um eine Standard-Impfung, die für alle Menschen empfohlen wird.
Folgende Impfungen sind sinnvoll:

  • Grundimmunisierung mit 3 Impfdosen jeweils im Alter von 2, 4 und 11 Monaten
  • Auffrischungsimpfung im Alter von etwa 5 Jahren sowie 11-16 Jahre
  • Ab dem 18. Lebensjahr etwa alle 10 Jahre bis ans Lebensende

Bei einer Bissverletzung ist immer dann eine (Nachhol-)Impfung notwendig, wenn unbekannter, kein, nur teilweise oder veralteter Impfschutz besteht.

Tollwut

Die Tollwut ist eine gefürchtete Erkrankung, die klassischerweise durch Bissverletzungen durch tollwütige Tiere hervorgerufen wird. Tollwut beim Menschen tritt größtenteils im Zusammenhang mit Hundebissen auf, seltener durch Füchse, Affen oder Fledermäuse. Glücklicherweise gilt die „klassische“ (terrestrische) Tollwut in Deutschland sowie unseren meisten Nachbarländern als ausgerottet. Die endemische Tollwut bei Fledermäusen ist hingegen weiterhin weltweit verbreitet, auch in Deutschland. Eine wichtige und effektive Maßnahme gegen Tollwut ist die empfohlene oder (je nach Land) verpflichtende Tollwut-Impfung von Wild- und Haustieren. Aus diesem Grund wird auch der Arzt oder die Ärztin bei der Versorgung einer Bisswunde erfragen, ob das jeweilige Tier gesund und geimpft ist.

In anderen Regionen oder Ländern, z.B. im asiatischen Raum, ist die Tollwut deutlich verbreiteter als in Deutschland. Vergangene Urlaubsreisen mit Kontakt zu einheimischen Tieren, z.B. Straßentieren, sind daher ebenfalls wichtige Informationen bei der Beurteilung des Tollwutrisikos. Der Erreger der Tollwut ist das Rabiesvirus, das mit dem Speichel des Tieres in die Wunde gelangt und ca. 3-8 Wochen nach Infektion zu den ersten Beschwerden führt. Verschiedene Verlaufsformen der Tollwut können mit verschiedenen Symptomen einhergehen. Die Erkrankung selbst ist nicht behandelbar und endet daher beim Menschen fast immer tödlich. Dank der Tollwut-Impfung und korrekter Wundbehandlung mit Immunprophylaxe kann die Erkrankung jedoch sicher verhindert werden.

Immer wenn eine mögliche Tollwutinfektion nicht sicher ausgeschlossen werden kann, weil es sich beispielsweise um ein Tier unbekannter Herkunft handelt, wird bei jeder sichtbaren Verletzung der Haut eine Impfung gegen Tollwut durchgeführt. Bei tieferen Wunden werden zusätzlich Immunglobuline verabreicht.

Wichtig: Auch bei bereits erfolgter bzw. vorhandener Impfung gegen Tollwut wird die Impfung wiederholt. Tiere, bei denen der Verdacht auf Tollwut vorliegt, müssen außerdem zwingend einem Tierarzt oder einer Tierärztin zur Beobachtung und Untersuchung vorgestellt werden.

Hier noch einmal die wichtigsten Informationen auf einen Blick:

  • Bei Bissverletzung sofort einen Arzt aufsuchen.
  • Die Bissverletzung für mindestens 10 Minuten unter fließendem Wasser mit Seife reinigen
  • Freilaufende Tiere (v.a. Hunde) sollten nie gestreichelt oder berührt werden

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Lisa Henkel

Verfasst von Lisa Henkel

Lisa Henkel ist Medizinstudentin im klinischen Abschnitt und unterstützt als Co-Autorin die fachliche Redaktion bei dermanostic. Dabei verantwortet sie das Wirkstofflexikon und kleine Fachartikel zu Hauterkrankungen